5.2 Zum Begriff der sozialen Emotion
von Viktoria Volkova
Emotionsforscher wie Robert A. Thamm, Theodore D. Kemper, Jonathan H. Turner sprechen von zahlreichen Klassifizierungen von Emotionen. Heutzutage sind insgesamt ca. 72 strukturelle Merkmale von Emotionen bekannt.102 Die Emotionsforscher mussten feststellen, dass jeder Versuch, Emotionen zu klassifizieren oder sie nach verschiedenen Merkmalen zu gruppieren, vorläufig und unvollendet bleiben würde: »The scheme outlined is obviously incomplete and preliminary, but, then again, every classification system is incomplete. In order to explain anything, one must omit the pretense of explaining everything.«103
Auch ein einheitlicher Emotionsbegriff existiert nicht. Je nach Klassifikation und strukturellen Merkmalen werden Emotionen entsprechend bezeichnet: »What remains is the process of uncovering the best fit of emotion term or label for each of them.«104 Es gibt somit keine einheitlichen Kriterien, nach denen Emotionen benannt werden können. Vielmehr spielt hier die jeweilige wissenschaftliche Ausrichtung eine große Rolle. In Kapitel 4 habe ich angekündigt, den Begriff der sozialen Emotion für die Erforschung der von mir beobachteten sozialen Gruppenprozesse fruchtbar zu machen. Probenprozesse sind soziale Prozesse, die durch kollektive emotionale Ereignisse gestaltet werden. Ziel dieser kollektiven emotionalen Ereignisse (hier: der Probenprozesse) ist es, emotionale, wirkungsvolle Beziehungen zwischen den Kunstfiguren herzustellen. Dementsprechend werde ich den Mechanismus der Gestaltung einer Kunstfigur im Probenprozess...