Theaterwerkstatt Pilkentafel: Europäisches Theater?
von Elisabeth Bohde
Erschienen in: Wir haben es einfach gemacht! – Reisen in internationale Theaterwelten (07/2024)
Als wir 1996 mit unserer Produktion Waschtag auf US-amerikanischen und kanadischen Kindertheaterfestivals spielten, hörten wir immer wieder den Satz „Okay, so you are doing European theatre.“ Das hat uns irritiert, wir fühlten uns nicht als Repräsentant*innen eines europäischen Theaters, was war denn bitte europäisch daran? Die Kategorie „Deutsches Theater“ hätten wir genauso unpassend gefunden. Wir waren doch so besonders! Je länger wir da waren, desto besser verstanden wir, dass unsere Art, Theater zu machen, europäisch war, was uns mit anderen international tourenden europäischen Kindertheatern verband. In unserem Umgang mit außereuropäischen Kulturen ertappten wir uns dabei, dasselbe zu tun und von indischem Tanz und afrikanischer Musik zu sprechen.
Wenn ich an meine Anfänge zurückdenke, dann stimmt die Zuordnung europäisches Theater – mehr als deutsches Theater. Seit ich 15 war, nahm ich an internationalen Theaterwerkstätten auf dem Jugendhof Scheersberg teil, und die Unterrichtenden kamen aus Polen, England, Schweden, der Schweiz oder gar aus mehreren Ländern. Sie bezogen sich auf Grotowski oder Lecoq, und es war fast immer eine Praxis, die vom Körper und nicht vom Text ausging. Es fanden Werkstattaufführungen statt, die wir heute als Performance und nicht als Theater bezeichnen würden, und postdramatisch waren sie auch schon. Aber niemand redete über...