Das Werk Heiner Müllers ist unverwechselbar, seine Sprache einzigartig – und trotzdem ist es außerordentlich schwierig, diese Eigenheiten auf einen Begriff zu bringen. Es trotzdem zu versuchen, kann allerdings durchaus erkenntnisfördernd sein, wie Mirjam Meuser mit ihrer kürzlich veröffentlichen Studie „Schwarzer Karneval – Heiner Müllers Poetik des Grotesken“ zeigt. Es handelt sich dabei um die Dissertation der Dramaturgin, die am Theater Heilbronn arbeitet. Sie untersucht darin Müllers dramatisches Verfahren, das weder tragisch noch komisch zu nennen sei, sondern grotesk. Der Begriff des Grotesken ist wohl kaum trennscharf zu bestimmen, zu fließend sind die Übergänge zum Parodistischen und Karnevalesken, zum Absurden und Bizarren, zur Travestie und zum Unheimlichen. In der Begriffsgeschichte weist Meuser auf prägende Bestimmungen in der Renaissance und vor allem in der Epoche der Romantik hin. Gegen die Regelmäßigkeit des Klassizismus widersetzte sich das Groteske in ästhetischer Unstimmigkeit und Regellosigkeit. Das Groteske grenzt sich vor allem von einem Ideal ab. Eine weitere Bestimmung erfährt der Begriff nach Meuser in der modernen Dramentheorie durch Friedrich Dürrenmatt, der das Groteske als Reaktion auf die verwaltete Welt deutet, in der die Bedingungen eines tragischen oder komischen Helden nicht mehr gegeben seien. Die Wirklichkeit selbst tendiere zur Tragikomödie. So deutet Meuser auch Müller,...