Magazin
Zwischen Abschied und Erwartung
Zum Tod des Schauspielers Horst Schulze
von Gunnar Decker
Erschienen in: Theater der Zeit: Feier des Absurden – Nürnbergs neuer Schauspielchef Jan Philipp Gloger (12/2018)
Große Schauspieler schaffen um sich ein Fluidum. Man erwartet von ihnen eine Vervielfältigung von Ausdrucksvermögen, die Kraft zur Überwältigung noch in der kleinsten Geste ihres Spiels. Horst Schulze war vor allem in den sechziger und siebziger Jahren solch ein prägender Schauspieler, sowohl auf der Bühne als auch im Film.
Die Bühnenauftritte sind Legende, die Filme aber kann man immer wieder anschauen. Gefährliche Erfolge waren darunter, wie die großen Rollen, die man ihm bei der DEFA gab: Karl Liebknecht in „Solange Leben in mir ist“ und „Trotz alledem!“ (1966) von Günter Reisch vor allem. Dann folgten die kommunistischen Großepen „Hans Beimler, Kamerad“ und „Ernst Schneller“. Andere Schauspieler wären unter der ideologischen Last dieser Rollen zusammengebrochen (und sind es auch, wie der fabelhafte Günter Simon in Kurt Maetzigs Thälmann-Filmen). Nicht so Horst Schulze. Er spielte die Heroen der kommunistischen Bewegung mit einer Noblesse, die verblüffte.
Horst Schulze, 1921 als Sohn eines Dresdner Arbeiters geboren, mit sechzehn Jahren Autoschlosserlehrling, wechselte dann als Autodidakt zum Theater, zu Oper und Musical. Im Theater (unter anderem in Weimar) waren es vor allem klassische Rollen, die er spielte, von Franz Moor, Hamlet, Posa bis Wallenstein – an der Berliner Staatsoper sang er den Papageno, am Metropoltheater den...