Aufführungsraum und -ort
von Rainer Simon
Erschienen in: Recherchen 101: Labor oder Fließband? – Produktionsbedingungen freier Musiktheaterprojekte an Opernhäusern (02/2013)
Nicht nur in der Funktion des Bühnenbildes beziehungsweise der Raumgestaltung, sondern auch in der Wahl der Aufführungsräumlichkeiten und -orte unterscheiden sich viele traditionelle Opernproduktionen von freien Musiktheaterprojekten. An traditionellen Opernhäusern besteht selten eine Wahl bezüglich des Aufführungsraumes, da in der Regel nur ein großer Opernsaal vorhanden ist, in dem der Zuschauerraum frontal zu einer Guckkastenbühne ausgerichtet und von dieser durch einen Orchestergraben getrennt ist.70 Sowohl die strikte Trennung und Gegenüberstellung von Darstellern und Zuschauern71 sowie der Distanz schaffende Graben zwischen den beiden Gruppiernugen72 werden von einigen freien Musiktheaterschaffenden problematisiert. Damit greifen sie die Raumkritik der von Fischer-Lichte beschriebenen Theatertendenzen der sechziger Jahre auf, die in der klaren Raumsegmentierung des Guckkastenmodells eine Beschränkung der Handlungs- und Wahrnehmungsmöglichkeiten sowohl der Akteure als auch der Zuschauer sahen.73 Auch in ihren praktischen Reaktionen auf diese Kritik knüpfen Musiktheaterschaffende wie zum Beispiel Eberhard Kloke an die Theaterströmungen der sechziger Jahre an, indem sie in Projekten wie Ohne Oper74 oder Ein Treffen in Telgte75 in Räume ausweichen, die entweder als variabel intendiert oder aber nicht primär als Aufführungsorte gebaut sind. Damit geben sie keine klare Anordnung von Akteuren und Zuschauern vor, sondern lassen vielmehr eine Erprobung und Neudefinition deren Beziehung...