Kolumne
Fahrstuhlmusik
Erschienen in: Theater der Zeit: Deutsche Zustände – Intendanten über ein neues politisches Selbstverständnis (10/2019)
Assoziationen: Debatte
Jetzt wird das Wort abgeschafft. Wieder einmal. Das hörbare Wort zumindest, das durchhörbare, aber nicht ständig durchgehörte Wort. Das Durchhören spielt in der Argumentation von öffentlich-rechtlichen Anstalten also bereits eine untergeordnete Rolle, wo doch bisher die Quote, das Durchhören und die Überalterung des Publikums alle Augenblicke angebracht wurden, um Mainstream durchzusetzen. Es war der Imperativ formaler Gleichmacherei, die immer schon zulasten des Wortes ging.
Das Argument ist diesmal die Jugend. Die neuen Hörerinnenschichten, die es angeblich nur im Netz gibt, das keine Linearität aufweist und immer sofort kundgibt, was die Menschen eigentlich wollen, wobei das immer nur das ihnen Gleichende sein soll. Die Podcastseligkeit der Sender der letzten Jahre war schon bemerkenswert. „Digital first!“, heißt jetzt die Devise, ja, wenn es nur so wäre! Der Verdacht, dass es nicht wirklich um Digitalisierung, sondern um Einsparung durch Digitalisierung geht, drängt sich auf – absurderweise. Denn eigentlich sollte bekannt sein, dass die Online-Betreuung teuer und aufwendig ist. Es ist die Art und Weise, wie hier eine agonale Rhetorik des „digital vs. analog“ oder „jung vs. alt“ angewandt wird, die aus Kürzungsargumentationen bekannt ist, unter dem Motto: Der Kuchen reicht nicht für alle, obwohl das doch genau der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist....