Als Hans Knudsen 1948 an der neu gegründeten Freien Universität (FU) in West-Berlin mit einer Einführungsvorlesung auch das Institut für Theaterwissenschaften eröffnete, würdigte er die Verdienste seines Lehrers Max Herrmann. Der hatte als Literaturwissenschaftler 1923 an der Universität zu Berlin (später Humboldt-Universität) das erste theaterwissenschaftliche Institut der Welt gegründet, mit dem Auftrag, das Verhältnis von dramatischer Dichtung und darstellender Aufführung zu erforschen – lange vor der Wende zum rein Theatralen und Performativen, welche die Disziplin in Ost und West später ereilen sollte. Dass sich Knudsen allerdings in eine ungebrochene Tradition zu Herrmann stellte, mutet zynisch an. Denn während Herrmann als Jude im KZ ermordet wurde, machte Knudsen unter den Nazis Karriere – und wohl nicht zuletzt, weil die Säuberungen freie Stellen und somit Aufstiegsmöglichkeiten schufen. Und dann war es eben dieser Knudsen, der als Vertreter der westlichen freien Welt den Studenten die Theaterwissenschaft näherbrachte und so tat, als hätte es nie etwas wie den Zivilisationsbruch Auschwitz gegeben. Dass er in der Folge vor allem versuchte, den Einfluss von Erwin Piscator und Bertolt Brecht einzudämmen, mag da kaum verwundern, knüpfte der freie Westen doch an ein zentrales Ideologem aus der Nazi-Zeit an, den Antikommunismus. Knudsen konnte bis 1971, trotz Bekanntmachung seiner...