Das Vorarlberger Landestheater stellt die Demokratie ins Zentrum seiner Spielzeiteröffnung; Intendantin Stephanie Gräve verführt ihr Publikum zum politischen Dauerdiskurs: Zwei Römerdramen Shakespeares umrahmen eine Uraufführung. Bettina Erasmy hat einen dystopischen Monolog geschrieben. „Der ideale Staat in mir“ entwirft eine Art „Matrix“-Welt. Differenzen? Gibt es nicht mehr. Was einmal Staat war, lässt sich inzwischen computergeneriert regeln. Es dominiert die Optimierungs-App oder es regiert die Cloud. Macht bleibt an Datenströme gekoppelt. David Kopp in der Rolle eines Influencers gestaltet so Welt. Dialog oder gar demokratische Formen der Kontrolle? Sind im aseptischen, klinisch weißen Bühnenraum nicht vorgesehen. Das ist weit weg von Shakespeares Fokus auf Macht und Öffentlichkeit. Und doch gibt es eine inhaltliche Klammer. Alle drei Werke des Mammutabends „Cold Songs: Rom“ kreisen um das Thema der Beeinflussung von Massen. Sie stellen damit die Machtfrage, und das auf kritische Weise.
In Catharina Mays „Coriolanus“ und Johannes Leppers „Julius Caesar“ bleibt die Bühne weitgehend leer. Sie ist in beiden Inszenierungen ein Herrschaftsraum für Egomanen. Wozu ein prächtiges Bühnenbild, wenn der Narzissmus von Cäsaren Ausstattung genug ist? Die Kargheit der ungeschminkten Kulisse ist jederzeit einsehbar. Kein Vorhang trennt den Zuschauerraum vom Proszenium. Erst wenn es darum geht, Entscheidungen zu legitimieren, die häufig anderweitig gefallen...