Die Zuneigung ist wechselseitig: Da ist Neil LaBute, einer der wichtigsten Dramatiker des amerikanischen Gegenwartstheaters. Und da ist das Theater Konstanz mit der nötigen Unaufgeregtheit abseits der Zentren. LaBute schätzt diese Ruhe, zudem die künstlerische Freiheit jenseits der Broadway-Marktmechanismen (siehe Interview TdZ 10/2014). Und Konstanz darf sich freuen, mit Neil LaBute einen außergewöhnlichen Regisseur für die Spielzeiteröffnung gewonnen zu haben.
Spannend ist dieses Zusammentreffen allemal: Ein amerikanischer Regisseur inszeniert ein russisches Drama mit einem deutschen Ensemble. Wer sich an hiesiges Regietheater gewöhnt hat, sollte sich zunächst umorientieren. Neil LaBute lässt sich in seiner Inszenierung von Tschechows „Onkel Wanja“ Zeit, viel Zeit. Sein künstlerischer Zugriff wirkt konkret, was Situation und Interaktion betrifft. Lähmung und Stillstand des Landlebens auf dem Gutshof werden schon in der Exposition breit ausgespielt. Im Hintergrund angebrachte Bühnenplakate bebildern den Prozess der Desillusionierung, den die Figuren durchlaufen, vom Birkenidyll zur Baumstumpf-Apokalypse. Onkel Wanja (Sebastian Haase) muss sich eingestehen, das Gut sein Leben lang nicht für einen glänzenden Wissenschaftler bewirtschaftet zu haben, sondern für einen egoistischen, alten Professor (Ralf Beckord). Sonja, die Tochter des Professors (Laura Lippmann), erfährt schmerzhaft, dass ihre Liebe zu dem Landarzt Michail Astrow (Thomas Fritz Jung) hoffnungsloser Schwärmerei gleichkommt. Dieser bewundert nämlich die attraktive Frau...