Ein Mehr an Zusammenarbeit
von Rainer Simon
Erschienen in: Recherchen 101: Labor oder Fließband? – Produktionsbedingungen freier Musiktheaterprojekte an Opernhäusern (02/2013)
Bei freien Projekten muss über das traditionell übliche Maß hinaus zusammengearbeitet werden – so meine eigene sowie die Meinung vieler Befragter. Denn wenn, wie zu Beginn dieses Kapitels erwähnt, freien Produktionsprozessen ein mitunter ungewöhnlicher und offener Verlauf eingeschrieben ist, müssen die Produktionsbeteiligten umso mehr einbezogen werden, damit sie nicht vollkommen im Ungewissen gelassen werden, sondern vielmehr frühzeitig von möglichen Abweichungen und Änderungen erfahren, damit umgehen und darauf reagieren können. Worin das notwendige Maß an Zusammenarbeit nun genau besteht, welche Produktionsbeteiligten beziehungsweise Abteilungen hier besonders gefordert sind und ob die traditionellen Betriebe diesen hohen Involvierungsgrad schließlich garantieren können, darauf lässt sich nach den Gesprächen schwerlich eine eindeutige Antwort finden.
Pessimistisch fallen insbesondere David Moss’ und Heiner Goebbels’ Einschätzungen der traditionellen Arbeitsteilung aus. Die getrennt stattfindenden Proben führten zwar zu einer Perfektion und Virtuosität der einzelnen Darsteller(gruppen) – der Solisten, des Chors und des Orchesters –, nicht aber zu einer engen Gemeinschaftsarbeit, wie sie Moss für freie Musiktheaterprojekte als unerlässlich erachtet. Neben den Darstellern benötigt Heiner Goebbels auch die (Ton- oder Licht-)Techniker von Anfang an auf seinen Proben, da sie nicht die traditionelle Rolle des Ausführenden, sondern die eines ebenso kreativen, eigenverantwortlichen Beteiligten einnähmen. Mit der traditionellen Schichtarbeit ist dies schwerlich vereinbar....