Nachdenken über Differenzen
Zur „Gemachtheit” der Übersetzungen in diesem Band
von Sarah Youssef und Frank Weigand
Erschienen in: SPUREN – Zeitgenössische Theatertexte aus afrikanischen Ländern und der afrikanischen Diaspora (06/2025)
Achtung, liebe Leser:innen! Bei den neun Theatertexten, die Sie in der Anthologie SPUREN versammelt finden, handelt es sich NICHT um Originale.
Jedes der Stücke, die ursprünglich auf Englisch oder Französisch (den Sprachen der Kolonisatoren der Herkunftsländer ihrer Autor:innen!) verfasst sind, wurde einem komplexen Prozess der Übersetzung unterworfen, um sie Ihnen auf Deutsch zugänglich zu machen. Diese Feststellung, die zunächst einmal banal klingen mag, ist im Kontext dieser Publikation durchaus nicht unerheblich.
Die landläufige Vorstellung von übersetzerischer Tätigkeit ist die einer neutralen Instanz, die Texte aus einer Kultur in eine andere überführt. Und hier beginnen bereits die Schwierigkeiten: Welcher Ursprungskultur gehört beispielsweise ein Text wie Kagayi Ngobis For My Negativity an, der in einem Englisch verfasst ist, das sich immer wieder selbst in Frage stellt und das überdies mit Ausdrücken, Zitaten und Songs in anderen Sprachen wie Luganda und Arabisch gespickt ist?
Zudem verweist Ngobi auf ein literarisches Vorbild, Wer pa Lawino, welches von dem ugandischen Lyriker Okot p’Bitek zunächst in der Bantusprache Acholi verfasst und später vom Autor selbst als Song of Lawino ins Englische übertragen wurde. Das 1956 erschienene Langgedicht, das eine dekadente Gesellschaft unter westlichem Einfluss einem starken, sich seiner Traditionen bewussten Afrika gegenüberstellt, gilt auf...