Theater der Zeit

Vorwort

von Wolfgang Behrens

Erschienen in: Einar Schleef. Werk und Person (01/2003)

Assoziationen: Einar Schleef

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Über einen Zeitraum von etwa dreißig Jahren war Einar Schleef die große Außenseitergestalt - nicht nur - des deutschsprachigen Theaters. Seine von Anfang an heftig umstrittenen Inszenierungen, seine Bücher und Bilder kannten nur eines nicht: den Kompromiß. Der maßlose Anspruch, der sich in Schleefs Arbeiten niederschlug, war jedoch auch kennzeichnend für sein Leben. Er war eine schillernde Persönlichkeit, die es sich und anderen gern unbequem machte. Es verwundert kaum, daß sich so nicht nur sein Schaffen, sondern auch seine Biographie genialisch darstellt: Jugend in der Provinz, vielversprechender Karrierebeginn in der DDR, Flucht und Isolation, Skandale und Erfolge, dutzendweise abgebrochene Projekte und schließlich ein früher, einsamer Tod.

In diesem Buch unternehme ich den Versuch, Schleefs Leben und Werk in einer streng chronologischen Form zu behandeln. Den einzelnen Daten habe ich zumeist wichtiges Quellenmaterial unterschiedlichster Herkunft beigefügt, so daß sich die Darstellung von Biographie und Schaffen aus einer Vielzahl von Stimmen zusammensetzt, von denen Schleefs eigener mit Zitaten aus autobiographischen Schriften eine Hauptrolle zukommt. Damit ist zugleich gesagt, was das vorliegende Buch nicht leisten will: Es ist nicht die kompakte, glattgeschliffene Biographie nach Art eines Lebensromans, die ein definitives Charakterbild und eine abgeschlossene Interpretation des Schleefschen OEuvres aufbietet. Der Anmaßung, eine Persönlichkeit vom Formate Schleefs zwischen zwei Buchdeckeln ein für allemal „deuten" zu wollen, bin ich durch die patchwork- artige Anordnung des Materials bewußt ausgewichen.

Der Leser kann dieses Buch auf verschiedene Weise benutzen: er kann es von vorne nach hinten lesen (nicht der schlechteste Ansatz), er kann es als Nachschlagewerk und Steinbruch verwenden, er kann es sich aber auch, wenn er in großer Eile sein sollte, in komprimierter Form zuführen, indem er nur die Kapiteleinleitungen liest - er bekommt so immerhin einen Überblick über Schleefs Leben, der über einen Lexikonartikel um einiges hinausgeht.

Dieses Buch wäre nie geschrieben worden, wenn mir meine vielen Gesprächspartner nicht so bereitwillig Auskunft gegeben hätten. Ihnen möchte ich zuerst danken, allen voran Gabriele Gerecke, Schleefs langjähriger Freundin, und Hans-Ulrich Müller-Schwefe, seinem engsten Mitarbeiter und Lektor beim Suhrkamp-Verlag. Weiterhin teilten geduldig ihr Wissen mit mir: Eberhard Bader, Susanne Böhmel, Hans Peter Böffgen, Friedrich Dieckmann, Florian Havemann, Elvira Herrmann, Eva Hieber, Eberhard Kloke, Peter Konwitschny, Helmut Küchner, Gertrud Leutenegger, Jakob Niedermeier, Christian Pöppelreiter, Günther Rühle, Susan Todd, B. K. Tragelehn, Thomas Wendrich und Dieter Wrobel.

Materialien und Informationen stellten zur Verfügung: Gunda Achleitner und Brigitte Bidovec (Steirischer Herbst), Kurt Bildstein (Freies Theater München), Stefan Bausch (Volkstheater Rostock), Sibylle Cramer, Angelika Jobst (Stadtbibliothek Oldenburg), Karin Kiwus (Akademie der Künste Berlin), Rolf Michaelis, Silke Panzner (Deutsches Theater Berlin), Binia Salbrechter (ORF) und Katharina Uhsadel (Jürgen- Ponto-Stiftung). Der Suhrkamp-Verlag machte mir unveröffentlichtes Material zugänglich. Großzügige Einsicht in ihre Bestände gewährten mir die Stiftung Archiv der Akademie der Künste Berlin, bei der sich der Nachlaß Einar Schleefs befindet, und das Archiv der Universität der Künste Berlin. Des weiteren wurde die Arbeit an diesem Projekt engagiert unterstützt von dem Einar-Schleef-Arbeitskreis Sangerhausen e.V., vor allem von dessen rührigem stellvertretenden Vorsitzenden Dieter Wrobel, der ein ehemaliger Lehrer Schleefs ist. Nicht zuletzt schulde ich meinem Verlag Theater der Zeit Dank, insbesondere Harald Müller, der die Anregung zu diesem Buch gab und mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand, und Julia Niehaus, die mich sanft und beharrlich auf anstehende Termine hinwies.

Schließlich möchte ich mich besonders herzlich bei derjenigen Person bedanken, die am meisten unter diesem Buch zu leiden hatte - weil sein Autor sich zwischenzeitlich mit nichts anderem zu beschäftigen gewillt war -, die jedoch einen nicht geringen Anteil an seinem Gelingen trägt: bei meiner Freundin Barbara.

Berlin, im September 2003

 

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