Theater ± Pädagogik
Korrespondenzen von Theater und (Theater-)Pädagogik
von Florian Vaßen
Erschienen in: Lektionen 5: Theaterpädagogik (10/2012)
1. Der Begriff Theaterpädagogik
Theaterpädagogik ist sprachlich kein „schönes“ Wort, und in anderen europäischen Ländern galt dieses Kompositum lange sogar als „Fremdwort“, etwa theatre pedagogy im Englischen. Obwohl der Begriff in der Theater - praxis häufig noch vermieden wird, verliert er langsam seine irritierende Künstlichkeit. In dem Kompositum Theaterpädagogik stoßen zwei deutlich entgegengesetzte Bereiche zusammen, deren Differenzen – hie Kunst, da Pädagogik – lange Zeit unüberbrückbar schienen: Das geniale Kunsttheater, fest verankert in der bürgerlichen Gesellschaft, hatte nichts zu tun mit der dominanten autoritären bürgerlichen Pädagogik.
Das Kompositum verweist in seiner Struktur zunächst auf die Pädagogik des Theaters, jedoch ist auch eine Akzentuierung auf eine theatrale Pädagogik denkbar. Was aber ist das Theater und wie viele unterschiedliche Ansätze von Pädagogik gibt es? Eine eindeutige Definition der Theaterpädagogik scheint deshalb ebenso unmöglich wie eine genaue Beschreibung des Berufsstandes: Der theaterpädagogisch arbeitende Sozialarbeiter im Kiez gehört ebenso dazu wie der Schauspielprofessor an einer Theaterhoch - schule, der Lehrer des Darstellenden Spiels an der Schule ebenso wie ein Schauspieler, der mit Jugendlichen szenisch in einem Jugendzentrum oder Theaterpädagogischen Zentrum arbeitet. Und waren Bertolt Brecht und Augusto Boal, Konstantin Sergejewitsch Stanislawksi und Lee Strasberg nicht auch Theaterpädagogen?
Es scheint deshalb sinnvoll, im Folgenden die...