1.1. Die kleinste Größe, oder: Brecht mit Descartes
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Das Reale der Perspektive – Der Barock, die Lacan’sche Psychoanalyse und das ‚Untote‘ in der Kultur (07/2013)
Vermutlich im Umkreis einer Umarbeitung von »Mann ist Mann« für eine Aufführung des Stückes am staatlichen Schauspiel Berlin Anfang 1931 schreibt Brecht den folgenden kurzen »Dialog zu Bert Brechts ›Mann ist Mann‹«.5 �
DIALOG ZU BERT BRECHTS »MANN IST MANN«
»Wo kommst du her, daß du so voll Mißmut bist und grämlicher Laune?«
»Ich komme von dem Stück ›Mann ist Mann’ des Bert Brecht und ich sage, daß es ein schlechtes Stück ist und dieser Abend ein verlorener.«
»Warum aber sagst du das?«
»Weil dieses Stück von häßlichen Dingen handelt, die mir ferne sind, und die Männer darin schlecht gekleidet sind und starrend vom Unrat ihres niedrigen Lebens, das mir ferne ist. Ich aber liebe Stücke, in welchen anmutige oder rührende Dinge geschehen und gutgekleidete, saubere Menschen handeln.
»Was hilft es dir, wenn anmutige oder rührende Dinge und gutgekleidete, saubere Menschen um dich sind – und es trifft dich ein glühendes Stück Eisen und löscht dich aus von der Welt und dem Leben?«
»Der Witz dieses Stückes macht mich nicht lachen und sein Ernst nicht weinen. Ich aber liebe Stücke, in welchen die Raketen des Witzes prasseln oder ein trauriges Geschehen mein Herz zum Mitleid bewegt. Denn das Leben ist...