1 Ausblick
von Florian Evers
Erschienen in: Recherchen 139: Theater der Selektion – Personalauswahl im Unternehmen als ernstes Spiel (11/2018)
Das unternehmerische Selbst geht einkaufen
Am 24. Mai 2017 wurde in Berlin und Wittenberg der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag unter dem Motto Du siehst mich begangen. In der 20-Uhr-Ausgabe der Tagesschau vom selben Tag erklärte Christina Aus der Au, die Präsidentin des Kirchentags, was es mit diesem Motto auf sich habe:
In der heutigen Gesellschaft, wo jeder gesehen werden will – mit Selfies, auf Facebook, auf Instagram, auf Snapchat … aber, man muss was dafür tun, um gesehen zu werden. Man muss sich zeigen. Und da kommt Gott und sagt: „Hey, … ok, chill down, ich seh’ dich!“1
Das bemüht wirkende Andocken an Jugendsprache und die Aufzählung der absoluten Spitze des Eisberges an sozialen Medien, von denen die Kirchentagspräsidentin offenbar vermutet, dass sie die ‚Digital Natives‘ ‚dort abholt, wo sie sind‘, wie es in der Sprache der Werbebranche und Kampagnenmanager heißt, wirkt dabei auf den Autor zunächst eher, als hätte Gott eine Marktstudie durchführen lassen und festgestellt, dass er in der Peergroup der 14- bis 25-Jährigen Marktanteile der Aufmerksamkeitsökonomie an das Smartphone verliert. Gerade hatte man sich daran gewöhnt, dass die Kirche auch twittern kann und ihre Häuser auf Facebook öffnen muss – aber Snapchat und Instagramm sind kaum...