Woran merkt man, dass ein Theater-Stream live ist? Natürlich daran, dass man ihn nicht anhalten kann, um eine Pause einzulegen. Auch Vorspulen geht nicht. Sollte man derlei Bedürfnisse aber ohnehin nicht hegen, ist der Unterschied zu voraufgezeichneten Aufführungen eher ein gefühlter. Es bleibt dem eigenen Kopf überlassen, sich auszumalen, wie da gerade andere Menschen daheim am Bildschirm dieselbe Darbietung mitverfolgen wie man selbst, und dass diese Vorstellung tatsächlich just im Moment auf irgendeiner Bühne gespielt wird. Spüren kann man es als vereinzelter Laptop-Zuschauer nicht wirklich. Und doch ist „live“ das Zauberwort, das den Stream von der Konserve abhebt und näher ans reale Gemeinschaftserlebnis Theater rückt, das gerade viele so schmerzlich vermissen.
Die Münchner Kammerspiele brachten zu Jahresanfang zwei Inszenierungen als Livestream-Premieren heraus, die auf je eigene Weise um die Sehnsucht nach menschlichem Miteinander kreisen. Das Theater-Kollektiv Raum+Zeit um Autor Lothar Kittstein und Regisseur Bernhard Mikeska hat sich auf Theaterparcours spezialisiert, die einzelne Zuschauer in Eins-zu-eins-Begegnungen mit den Darstellern bringen. Solche Intimerfahrungen sind derzeit schlechterdings unmöglich. Doch Kamera-Close-ups, so die Erkenntnis nach der Premiere von „Gespenster – Erika, Klaus und der Zauberer“, sind nicht der schlechteste Ersatz für den fehlenden Nahkontakt zwischen Publikum und Akteuren, der sonst die Arbeiten von Raum+Zeit...