Die Gedanken sind frei
Theater mit Strafgefangenen
von Sandra Anklam
Erschienen in: Lektionen 5: Theaterpädagogik (10/2012)
„Wenn der Mensch spielt, ist er […] im Vollbesitz seiner Freiheit und Würde.“
Mihaly Csikszentmihalyi
Vieles ist anders in der Theaterarbeit in einer Justizvollzugsanstalt – das Warten beispielsweise.
Es scheint, dass das Gebäude den Zustand Warten atmet. Das Warten der Gefangenen hat sich in den Mauern manifestiert und somit institutionalisiert. Warten und Warten lassen. Vielleicht ist es auch das Thema Macht. Vielleicht hängt das eine eng mit dem anderen zusammen.
Warten ist ein zentrales Motiv. Auch für diejenigen, die nur kurz zu Gast sind. Woche für Woche darauf warten, dass jemand Handy und Personalausweis entgegennimmt, Daten in den Anstaltscomputer eingibt, die nummerierte Marke als Tauschobjekt herausgibt. Warten auf den Beamten, der die sechs Türen aufschließt, die zwischen draußen und drinnen liegen, zwischen Wirklichkeits- und Möglichkeitsraum, den die Theaterarbeit erschafft. Vielleicht ist das eine naive Vorstellung von dem, was Theater im Gefängnis kann. Oder eine idealistische.
Theater und Gefängnis gehen eigentlich nicht zusammen. Gefängnis ist ein geschlossenes System. Gefängnis vollstreckt Strafe durch den Entzug von Freiheit. Theater ermöglicht Freiheiten im Denken und Handeln. In diesem Spannungsfeld schafft und bietet Theaterarbeit Möglichkeiten und Beweglichkeit, ästhetische Spielräume, ein wenig freien Willen, Entscheidung und Gestaltung, an einem Ort, an dem kaum Spielräume und Freiheiten...