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Kunst: Historienpanorama
Erschienen in: Theater der Zeit: Blackfacing (10/2014)
Wie inszeniert man ein Historiendrama? Am besten in einzelnen Bruchstücken, die man aus der Vergangenheit hervorholt, und indem man dabei nach und nach längst vergessene Situationen aufscheinen lässt. Fast meint man, sie neu erzählen zu müssen, wie in der aktuellen Ausstellung Mise en scène in München.
Der 1960 in Vancouver geborene Foto- und Videokünstler Stan Douglas ist für seine cineastischen Obsessionen berühmt und für einen ausgesprochenen Sinn, anachronistisch zu denken. In seiner Schau im Haus der Kunst präsentiert er eigens rekonstruierte Geschichtsbilder von verblüffender Genauigkeit und Präzision. Als säßen wir in einer Zeitmaschine auf dem Weg ins 20. Jahrhundert, lockt uns der Künstler in Szenen der Post-War-Ära Amerikas. Fast alles könnte hier wahr sein, so teuflisch echt wirkt das Geschehen in den Bildern: die Studioaufnahme von Miles Davis’ „On the Corner“ aus den 1970ern, die Tatortansichten als Schwarz-Weiß-Abzüge, Szenen von Aufständen und die makellosen Modelle auf den großformatigen Modefotos. Weit gefehlt, alles wurde bis aufs kleinste Detail erfunden und neu zusammengestellt. Die Aufnahme des vermeintlichen Mitschnitts vom Miles-Davis-Konzert z. B. stammt aus einem Nachbau des Columbia-Studios, was zwar richtig funky rüberkommt, aber ein vollkommener Fake ist. Nicht nur für Davis-Fans bildet sie einen großartigen Höhepunkt in der Ausstellung. In der...