Anna Gmeyner
war eine österreichisch-britische Schriftstellerin.
Die aus einer liberalen jüdischen Familie stammende Anna Gmeyner begann 1920 an der Universität Wien ein Studium und ging 1925 nach Berlin. 1925 heiratete sie den Physiologen Berthold P. Wiesner und ging 1926, als er eine Stelle an der Universität Edinburgh annahm, mit ihm nach Schottland. Nach der Trennung des Paars kehrte Anna Gmeyner 1930 nach Berlin, später nach Wien zurück und arbeitete u. a. als Dramaturgin bei Erwin Piscator. Ihre in dieser Zeit entstandenen Lieder und Balladen wurden u. a. von Hanns Eisler und Herbert Rappaport vertont.
Gmeyners erste Werke für das Theater waren das Kinderstück Der große und der kleine Klaus, das von Erlebnissen in Schottland geprägte Bergarbeiterdrama Heer ohne Helden und das Schauspiel Zehn am Fließband. Ihr mit Erfolg aufgeführtes sozialkritisch-satirisches Volksstück Automatenbüfett gilt als ihr Durchbruch als Dramatikerin.
Während der Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Januar 1933 hielt sich Gmeyner in Paris auf, wo sie an den Drehbüchern mehrerer Filmprojekte von Georg Wilhelm Pabst arbeitete. Sie kehrte nicht nach Deutschland zurück, und noch 1933 wurde ihr Werk dort verboten. Ihre in Wien verbliebene Tochter Eva Maria Charlotte Michelle Wiesner (1925–2010) zog 1933 zu ihrem Vater nach Edinburgh. Sie wurde später unter dem Namen Eva Ibbotson eine erfolgreiche Autorin von Kinderbüchern.
Gmeyner wurde unterdessen zu einer bekannten Autorin der Exilliteratur: Automatenbüffet wurde noch 1933 am Schauspielhaus Zürich mit Therese Giehse in der Hauptrolle aufgeführt, und 1938 veröffentlichte der renommierte Querido-Verlag in Amsterdam ihren Roman Manja (unter dem Pseudonym Anna Reiner). Manja schildert das Leben in einer deutschen Stadt 1920–1934 am Beispiel des Schicksals von Kindern aus fünf Familien aus unterschiedlichen Milieus. In Deutschland wurde dieser Roman erstmals 1984 verlegt, vom persona verlag in Mannheim.
Gmeyner zog ca. 1935 von Paris nach London und heiratete dort den russischstämmigen Religionsphilosophen Jascha Morduch. In London und New York erschienen die Romane Manja und Café du Dome über das Leben im Exil in englischer Übersetzung. Die deutsche Originalfassung von Café du Dome sollte wiederum beim Querido Verlag erscheinen, doch gilt das Manuskript seit dem deutschen Einmarsch in Amsterdam 1940 als verschollen.
Von 1940 bis 1950 lebte sie mit ihrem Ehemann zurückgezogen in Berkshire. Nach dessen Tod 1950 begann sie wieder zu schreiben und veröffentlichte unter dem Namen Anna Morduch mehrere englische Bücher (u. a. Biographien, religiöse Erzählungen und Lyrik). Zuletzt lebte sie im englischen York.
Stand: 2024 (Datum der letzten Veröffentlichung bei Theater der Zeit)