I.
Anlaß für dieses Heft war das Gefühl eines Mangels. Es gibt zwar eine Reihe von Publikationen über einzelne Bühnenbildnerlnnen, es gibt wenige Arbeitsbücher einzelner Theater, in denen Bühnenbilder vorkommen, aber es gibt kaum Betrachtungen des zeitgenössischen Bühnenbildes. Hier wird der Versuch gemacht, wesentliche Aspekte und Tendenzen des Bühnenbildes der neunziger Jahre zu zeigen. Es geht uns vor allem um die Besonderheiten des Bildes und des Raumes im Theater, es geht uns darum, das Bühnenbild als eine sehr eigene Kunst zu präsentieren.
II.
Das Bühnenbild ist das »Element« des Theaters, das nur im Theater vorkommt. Das Bühnenbild »bildet« das Zentrum des Theaters, aber es ist nicht das Zentrum. Es wird ein ganz besonderer Raum geschaffen. Dieser Raum unterliegt nach wie vor oder sogar wieder verstärkt einer bestimmten Bedingung: der Trennung von Zuschauerraum und Bühne durch Portal und Rampe. Dies hat uns veranlaßt, den Begriff Bühnenbild nicht grundsätzlich in Frage zu stellen, etwa in Richtung des von Brecht bevorzugten »Bühnenbaues » oder der »Szenographie«. Das Bühnenbild schafft den Raum der Imagination, der aber nur zusammen mit den anderen Elementen des Theaters Berechtigung und Bedeutung hat.
Damit dürfte zusammenhängen, daß Bühnenbilder kaum reflektiert, ja kaum gesehen wer-den. Der Zustand der öffentlichen Kritik...