In den 1990er Jahren brachte die Fichen-Affäre die flächendeckende Überwachung der eigenen Bevölkerung durch den Schweizer Staatsschutz insbesondere während des Kalten Krieges ans Licht. Systematisch wurden personenbezogene Daten von nahezu 800.000 Bürgern und Organisationen erfasst, ausgewertet und gespeichert. Im Zuge dieser Affäre wurden auch die Aktivitäten der schweizerischen staatlichen Geheimorganisation P-26 bekannt, die mit der Staatssicherheit der DDR Milliarden-Geschäfte an internationalen Embargo-Bestimmungen vorbei getätigt hat, und auch die geheimen Bestrebungen, noch in den 1990er Jahren eine eigene Atombombe zu bauen oder zu kaufen.
„Lugano Paradiso“ spinnt anhand akribisch gesammelter Indizien aus Archivmaterial und Aktennotizen, aktuellen Interviews und historischen Gesprächsprotokollen ein Netz kaum zu entwirrender ökonomischer und politischer Verbindungslinien, folgt ihnen über sonst nur schwer passierbare Landesgrenzen, nimmt die Geschäfte der Ideologen, der Spieler und der Profiteure in den Blick und fragt: Welche Geschäfte werden im Dunkeln abgewickelt und welche Augen im richtigen Moment geschlossen? In dialogischen und chorischen Versuchsanordnungen montiert Sauter Figuren und Szenen, die zwar den schweizerischen Kosmos aufrufen, dem Leser aber letztlich nur einen Schluss ziehen lassen: Schweiz ist überall.