Die Entwicklung der Idee beim Schreiben
von Horst Hawemann
Erschienen in: Recherchen 108: Horst Hawemann – Leben üben – Improvisationen und Notate (03/2014)
Man hat eine Idee. Im Kopf. Da bleibt sie, auch wenn man sie anderen Köpfen mitteilt und weitergibt. Der Dichter ist Autor einer Idee und der Regisseur ist Autor von Gestaltungs- und Umsetzungsideen. Aber auch der Schauspieler besitzt eine gewisse Autorschaft, nämlich die der Darstellung, der unverwechselbaren individuellen Umsetzung durch seine besondere Begabung. Die Eigenwilligkeit seiner Person, die Ausstrahlung, seine Angebote, eigene Akzentuierungen und seine Wirklichkeitskenntnis machen diese Mitautorschaft aus.
Man tritt mit einer Idee vor eine Gruppe von Menschen. Zuerst möchte man deren Aufmerksamkeit und Interesse, ihre Neugier. Also wird für die Idee geworben. Nicht immer gelingt das sofort. Die Idee muss vorstellbar werden. Gestalt nimmt sie noch nicht an, aber Ahnungen entstehen, Möglichkeiten werden spürbar. In diesem Stadium hat es auch die beste Idee nicht leicht. Sie steht unter Beobachtung, wird kontrolliert auf ihre Machbarkeit, auf die Möglichkeiten einer eigenen Beteiligung, auf ihren Spielreiz, auf ihre Haltbarkeit.
Das alles muss die vorgelegte Idee aushalten. Sie darf nicht in einer endlosen Diskussion untergehen oder durch vorauseilende Bedenken zerfranst werden, sondern muss auf das Mitdenken der anderen vorbereitet sein und reagieren können.
Um eine Idee beweglich, entwicklungsfähig und haltbar, also belastbar zu machen – umgangssprachlich sagt man auch sehr sinnfällig...