Theater der Zeit

Recherchen 108

Horst Hawemann – Leben üben

Improvisationen und Notate

230 Druckseiten, 79 Beiträge, Ausgabe kaufen

Assoziationen: Horst Hawemann Christel Hoffmann

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Vorwort

von Hans-Jochen Menzel

Dieses Buch ist nicht nur eine Bedienungsanleitung zum Erlernen der Schauspielkunst oder zur Ausbildung von Schauspielerinnen und Schauspielern. Es ist auch nicht nur Anregung und Quelle für Dozentinnen und Dozenten, die sich mit der Vermittlung von Grundlagen der Schauspielkunst beschäftigen, sowie für angehende Schauspieler/innen, die sich mit ihrem zukünftigen Beruf auseinandersetzen wollen. Dieses Buch ist vor allem ein Arbeitsbuch für gestandene Schauspieler/innen und Regisseur/ -innen, die mitten in Inszenierungsprozessen stehen. Und nicht zuletzt ist es ein Erinnerungsbuch an den Theaterlehrer Horst Hawemann. Die Übungen in diesem Buch entbehren jeder Mechanik, sie sind kein Knöpfedrücken mit immer demselben Ergebnis – nein, sie sind sehr lebendig. Sie sind eine Aufforderung, kreativ mit diesem Material umzugehen, vielleicht so, wie Horst Hawemann selbst seine …

Prolog

AN – GEBOTE AN – SCHAUUNGEN AN – SICHTEN AN – REGUNGEN AN – SÄTZE AN – FÄNGE AN – SAGEN AN – FRAGEN AN – WENDUNGEN AN – MERKUNGEN

I Arbeitsbegriffe

Die „Nummer“ als Spielbegriff

Ich setze mich nicht an den Schreibtisch und gebe mir den Auftrag, eine Nummer,1 Übung, Etüde oder Improvisationsaufgabe zu erfinden. Ich entdecke sie an normalen und weniger normalen Orten, bei …

von Horst Hawemann

Improvisation

Improvisation ist ein schöpferischer Umgang mit sich selbst, mit den Möglichkeiten, die man in einem bestimmten Moment hat oder dazu erfindet, um sich zu verständigen. Es ist nicht nur ein …

von Horst Hawemann

Etüde

Es gibt als Übungsform natürlich auch Etüden (aus dem Französischen übersetzt: „Übungen“). Etüden sind in meinem Verständnis verdichtete Formen, die sich nach den Strukturen des Dramas richten. Sie sind wichtig …

von Horst Hawemann

Interpretation

Interpretieren heißt: sprachlich oder darstellend, sachlich oder künstlerisch einen Text auslegen, ihn deuten und für sich klären. Die Interpretation macht weitsichtiger, weil sie über den eigenen Horizont sieht, den Erfahrungsbestand …

von Horst Hawemann

II Die Sammlung

Bekannte Redensarten, verdichtete Sprache

In der bisher beschriebenen Sammlung wurde eine individuelle Beteiligung von Spielern am Beispiel „Heldensuche“ vorgestellt. Aber es gibt auch vorhandene Darstellungen, Äußerungen, Meinungen, die sich durch die Zeiten geformt haben. …

von Horst Hawemann

Kopfhaltungen

Eine Sammlung zu „Köpfen“: ein guter Kopf, ein heller, ein sturer, ein schöner, ein gewitzter, ein kluger, ein blendender, ein wirrer, ein schneller, ein bedeutender, ein kritischer, langsamer genialer, widerspenstiger, …

von Horst Hawemann

III Mit Sprache handeln

Das handelnde Wort

Der Weg zur Sprache ist die Handlung. Das Wort bewegt den Satz. Es handelt. Der Beweis ist die Sammlung zum „Wort“: Jemandem ins Wort fallen … Das Wort verbieten. Das …

von Horst Hawemann

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Sätze über Sätze

Es ist wichtig, Sätze in der Arbeit auch mal wörtlich zu nehmen, pur zu nehmen als Möglichkeit des Ausdrucks. Da kommt was auf mich zu. Das haut mich um. Das …

von Horst Hawemann

Worte und Hindernisse

Sprache braucht Hindernisse. Werden sie überwunden, handelt sie. Einige Vorschläge für Situationen: Was ich dringend einem anderen zu sagen habe, muss ich gesagt haben, bevor er die Tür hinter sich …

von Horst Hawemann

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Die innere Stimme

Die innere Stimme ist ein anderer Begriff für bekannte Begriffe. In der DDR nannte man es „Untertext“, in Westdeutschland „Subtext“. Es ist dasselbe gemeint. Einer Verständigung steht in diesem Falle …

von Horst Hawemann

Etüdischer Umweg zu dichterischen Sätzen

Angenommen, man hat vor, Texte zu gebrauchen, die vorhanden sind, möglicherweise auch literarische, keine beiläufigen Texte, sondern dichterische Sätze. Man lässt den Spieler diese Sätze einmal lesen. Beim Lesen selbst …

von Horst Hawemann

Dass ich dich herzen kann

Alle kennen heute das Herz – als ein Wunder, einen Muskel, ein Zeichen für etwas. Aber früher gab es das auch als Verb: herzen. Man kann auf einem Thron thronen. …

von Horst Hawemann

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Vom Nutzen des Nachschlagens

Es lohnt sich, in alten und uralten Lexika nachzuschlagen. Da finden sich oft Synonyme oder entsprechende Wörter, die einen Begriff noch einmal anders nennen, ihn noch begreiflicher machen. Auch der …

von Horst Hawemann

Sprechen

Sprechen beginnt nicht mit dem ersten Wort. Sprechen beginnt mit dem Denken, mit dem Atmen und dem Offnen des Mundes. Das sind Handlungen aus gutem oder weniger gutem Grund. Sprechen …

von Horst Hawemann

IV Alles handelt mit

Alles handelt mit

Improvisation heißt ganz gewiss nicht irgendwann irgendwas irgendwie machen. Improvisieren heißt handeln unter möglichst freien Umständen. Mit sich handeln, aus sich handeln. Es ist der schöpferische Aufenthalt bei sich selbst. …

von Horst Hawemann

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Das Ereignis

Raum, Gegenstand, Atmosphäre usw. handeln als äußere Umstände auf der Bühne mit. Sie werden nicht nur „behandelt“, sondern sie handeln mit und machen das Handeln möglich. Sie haben „Auswirkungen“. Nimm …

von Horst Hawemann

Dramaturgie heißt Handlung

Man muss bei den Spielern für dieses Handeln um ein tiefes Verständnis werben. Nicht nur durch eine Begriffsklärung, sondern durch ein sinnliches Begreifen. Das Wesen des Handelns muss nicht nur …

von Horst Hawemann

Umstände

Ich darf darauf hinweisen, dass auch dieser Begriff von Stanislawski stammt, der nach der Textanalyse als erste Etappe für die Erarbeitung und Belebung einer Figur den Schauspielern vorschlug, sich äußere …

von Horst Hawemann

Der Spielwert der einzelnen Mittel

Man muss darauf hinweisen, dass die theatralen Mittel natürlich alle zueinander gehören, miteinander spielen und wirken. Man benennt sie nur einzeln, um darauf hinzuweisen, dass ihr Einsatz nacheinander Entwicklung ausmacht. …

von Horst Hawemann

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V Ein Dialog ist mehr als ein Gespräch

Liebe die Pause!

Wenn nur geplappert wird, merkt jeder, dass die Pause fehlt. Eine Sammlung (wieder mit einem Schlenker ins Leben): Mach mal Pause! Red’ nicht pausenlos! Ich brauche dringend eine Pause… Es …

von Horst Hawemann

Fixierungen

Beim Mitschreiben der improvisierten Texte, was ja manchmal nötig ist, kann man unterschiedliche Varianten nehmen. Entweder zwei Personen schreiben jeweils nur einen Part des Dialogs zwischen zwei Spielern mit. Man …

von Horst Hawemann

Text Text Text

Bei einem Stück sollte man die Masse der Wörter nicht zum erschreckenden Augenblick für die Spieler machen. Die berühmte Frage: Wie lernt man so viel Text? Man lernt nicht Text, …

von Horst Hawemann

Die Szene

Die Szene wird behandelt wie ein Stück. Man sucht die durchgehende Handlung. Bestimmt Anfang und Ende. Dazwischen bewegt die Handlung die Szene. Jeder Anfang hat ein Davor, jedes Ende ein …

von Horst Hawemann

Wir befragen die Szene

Diese Fragen sind ungeordnet, sie können früher oder später im Probenverlauf gestellt werden: Was sind die Ereignisse der Szene? Welche Grundhaltungen bestimmen den Anfang? Wo sind die Konflikte und bei …

von Horst Hawemann

VI Erregende Vorgänge

Erregung

Nummer: „Ich ändere mein Leben!“ Ein Spieler sagt: „Ich ändere mein Leben!“. Bei der Ansage weiß der Änderer noch nicht, wie, wann, warum er was in seinem Leben ändern will. …

von Horst Hawemann

Beziehungen

Man hat keine, eine oder mehrere Beziehungen. Man baut eine Beziehung auf oder ab. Findet oder verliert sie. Legt keinen Wert darauf. Nutzt sie aus oder ab. Sie bleibt einseitig …

von Horst Hawemann

Erfahrungen

Jeder Mensch macht Erfahrungen. Es gibt also viele Erfahrungen, und sie häufen sich. Man nennt sie manchmal einen „Erfahrungsschatz“, obwohl der auch ein Misthaufen sein kann. Schatz oder Mist – …

von Horst Hawemann

In übertragenem Sinne

Die Formulierung besagt doch, dass man einen Sinn woanders hin überträgt, wo er eigentlich nicht hingehört. Vielleicht so: Eine Sau benimmt sich säuisch. Also, wie eine Sau! Sie kann ja …

von Horst Hawemann

VII Wie entsteht eine Figur?

Wie entsteht eine Figur?

Eine Figur sollte mehr Inhalt haben, als von ihr vorgezeigt werden kann. Der Mensch ist zum Glück viel mehr, als ich von ihm weiß, als von ihm zu sehen, zu …

von Horst Hawemann

Biografie

Es ist hinlänglich bekannt, dass eine Figur, im Gegensatz zu einem „Typen“, eine Biografie haben sollte, aus der Anteile auf die Bühne gelangen. Das ist die szenische Biografie. Viele Teile …

von Horst Hawemann

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Auskünfte über Menschen

Nummer: Auskünfte über Menschen – mit minimalem Ausdruck Dies sind Versuche, wie man Auskünfte über Menschen erhalten kann, in denen man Ansätze für ein typisches Verhalten findet, um sich in …

von Horst Hawemann

Gang mit Hut

Der Hut führt. Alles zieht auf ihn hin: die Augen, der Blick, der Körper sind abhängig vom Hut. Wenn die Augen beim Hut sind, können sie nicht woanders sein. Die …

von Horst Hawemann

Das erzählende Detail

Oft schlägt es der Schauspieler vor. Er steckt sich das Abzeichen einer Partei an die Jacke oder ein auffälliges Tuch in die Brusttasche eines schäbigen Anzugs. Er bindet sich die …

von Horst Hawemann

VIII Am Anfang ist immer ein Raum da

Am Anfang ist immer ein Raum da

Es gibt unterschiedliche Orte. Solche, an denen man gern einmal oder für immer bleiben möchte. Jene, an denen man nicht sein will. Solche, denen man aus dem Wege geht, um …

von Horst Hawemann

Auch der Blick ist ein Gang

Gänge finden immer in Räumen statt, in begrenzten oder in freien. Sie werden durch die Räume bestimmt und organisiert, kommen immer irgendwo her und führen woanders hin, haben einen Anfang …

von Horst Hawemann

Präsent im Raum

Es kann immer wieder beobachtet werden, dass Darsteller im Bühnenraum fast alle Sicherheit verlieren, die sie im Alltag haben. Ihre körperlichen Bewegungen wirken unorganisch und oft sogar orientierungslos, nur weil …

von Horst Hawemann

Partnerbeziehung im Raum

Natürlich ist nicht alles, was sich auf der Bühne herstellt, ein Arrangement. Das Arrangement baut sich auf, stellt Beziehungen zwischen den Partnern her, die sich bewegen und entwickeln, bis ein …

von Horst Hawemann

Das Raumbild

Der gestaltete Raum ist für den Darsteller vor allem ein Raum für sein Handeln. In ihm nimmt er Beziehungen auf, hat Bewegung ein Ziel, kann sich ein Arrangement herstellen. Der …

von Horst Hawemann

Ein Möbelstück im Raum

Die leere Bühne ist kein leichter Raum, für den ungeübten Darsteller ein schwerer. Was nicht heißt, dass man sie vollstellen sollte. Aber wie wäre es beispielsweise mit – einer Bank. …

von Horst Hawemann

Die bebaute Bühne – Übungsideen

Das Versteck Die Spieler bauen sich aus vorhandenem Zeug Verstecke. Sie füllen den ganzen Raum, weil sich niemand versteckt, wo sich schon ein anderer verborgen hat. Schließlich ist die Bühne …

von Horst Hawemann

Zeichen im Raum (Objekte)

Zeichen sind Wahrnehmungen, die etwas bedeuten, mitteilen, aus denen etwas zu ersehen ist, die etwas berichten oder erzählen. Sie können ein Sinnbild, Abbild oder Merkmal sein. Sie verweisen auf etwas: …

von Horst Hawemann

Die Dinge erzählen

Sie handeln jetzt, obwohl sie aus der Vergangenheit kommen. Sie haben gefehlt, obschon man sie bisher nicht vermisst hatte. Sie sind Zeichen von anderen Menschen. Sie werden Partner! Wenn man …

von Horst Hawemann

Das Licht setzt Zeichen

Ein deutlich begrenztes Licht (Spot) in einem leeren Raum schafft einen besonderen Aufmerksamkeitskreis und einen umgebenden Raum. Also zwei Räume. Sie haben eine unterschiedliche Intensität. Das Kleine wird wichtiger im …

von Horst Hawemann

Den richtigen Ton finden

Der stille Raum kann hergestellt werden oder einfach vorhanden sein. Doch zuerst wird man die Frage beantworten müssen: Was ist Stille? Man weiß, dass Stille nicht Ruhe ist. „Still ruht …

von Horst Hawemann

IX Die Probe

Die Probe

Oft wird etwas als Erfindung ausgegeben, was eigentlich eine Entdeckung ist. Aber das Entdecken ist ein schöner und wichtiger Vorgang und kommt in der Wirklichkeit häufiger vor als das wirkliche …

von Horst Hawemann

Nach dem Ausprobieren folgt die Probe

Was der Darsteller ausprobiert hat, wird „behandelt“. Sein Angebot wird vom Spielleiter und anderen Zuschauern beschrieben. Schon die Beschreibung, entstehend vor allem aus Empfindungen, setzt Akzente. „Da hat der Spieler …

von Horst Hawemann

Die Entwicklungsprobe

Hier schlägt der Regisseur vor. Er beruft sich auf den Stand von gestern und bringt Entwicklungen mit für heute. Er ist vorbereitet. Er ist mit dem Bisherigen umgegangen und setzt …

von Horst Hawemann

Eine Proben-Sammlung

Ein allseitiges, umfangreiches Bekanntmachen mit einem Begriff durch eine Sammlung macht nicht nur zum Kenner des Wortes, sondern probiert auch das Wort aus, findet andere Zusammenhänge und schafft Assoziationen. Zum …

von Horst Hawemann

Besondere Proben der lockeren Art

Die Rollentauschprobe: Sie ist bekannt. Aber man darf sie nicht als eine „erzieherische Maßnahme“ verstehen oder daraus einen Wettbewerb machen. Der Rollentausch ist eher ein Spaß und sollte nicht erzwungen …

von Horst Hawemann

Kritik und Auswertung

Eines Tages wurde ich zufälliger Zeuge eines Gespräches zwischen zwei Schauspielern. Der eine, der sich selbst als „alten Hasen“ der Schauspielerei bezeichnete, aber nichts anderes als ein Schwätzer mit mangelndem …

von Horst Hawemann

Bühne – Zuschauerraum

Natürlich haben Bühne und Zuschauerraum ein Verhältnis miteinander, manchmal auch gegeneinander. Die Bühnenhandlung verlässt das Podest und bewegt sich in einen anderen Raum. Der Zuschauerraum ist organisiert. Der Zuschauer sitzt …

von Horst Hawemann

X Auskünfte

Über Freiräume für Schauspieler

Christel Hoffmann: Du hast die Erzählung Sommerstück von Christa Wolf mit Schauspielern in ländlicher Umgebung in einem Workshop gearbeitet. Horst Hawemann: Ja, zusammen mit ihrer Erzählung Störfall.1 Gearbeitet haben wir …

von Horst Hawemann

Horst Hawemann – Biografie in Daten

1940 Geboren am 4. Februar 1940 in Glogau, Niederschlesien 1945 Umsiedlung nach Bad Wilsnack in der Prignitz 1946 Einschulung in die achtklassige Grundschule 1952–53 Mitarbeit in der Stadtbibliothek und Lokalartikelschreiber …

Nachwort

Gralsstück Es ging den Gral zu finden ein Narr und Ritter los. Er wusste nicht wo suchen die Welt ist ziemlich groß. Voll von Gewalt und Schrecken regiert von Macht …

von Christel Hoffmann