Das Teatro delle Albe in Ravenna gehört zu den spannendsten Bühnen Italiens. Sein Intendant Marco Martinelli, Autor und Regisseur, Inspirator und Initiator, begreift seine Arbeiten als theatrale Abenteuer mit ungewissem Ausgang, ob er nun eine ganze Stadt inszeniert oder eine einzige Person. In der Schauspielerin Ermanna Montanari hat er eine kongeniale Mitstreiterin, die eigenständig und unbeirrbar seinen Visionen das Fliegen lehrt.
Das neue Mammutprojekt der Albe, in zwei Jahren Dantes „Göttliche Komödie“ komplett auf die Bühne zu bringen, wird ergänzt durch ein szenisches Poem, in dem Martinelli Leben und Wirken des Dichters in sieben Bildern beschreibt, die wie ein verwischter Hauch über die Bühne wehen. Montanari, das Stimmwunder, erschafft Welten aus Ton- und Wortgebilden, die einen mitreißen und einschüchtern, beglücken, verstören, erschüttern und befreien. Sie wurde dafür, zum wiederholten Male, mit dem Premio Ubu als beste Schauspielerin der Saison geehrt.
„fedeli d’Amore“, so der Titel des Gedichts, war der Name eines geheimen Dichter- und Weltverbesserer-Bündnisses in Florenz, zu dessen Bruderschaft vermutlich auch Dante Alighieri zählte. In der Aufführung steht Ermanna Montanari in der hinteren Ecke der dunklen Bühne, ein Mikrofon in der Hand, das ihre Stimme verstärkt, nicht aber manipuliert. Nein, das macht sie schon alles selbst, diese unendlichen Variationen...