Wie in Zeiten der Globalisierung zusammenleben, wie sich orientieren in haltlosen Zeiten, in denen es kein Zurück mehr gibt in sicher geglaubte und stabile Ordnungen? „Ohne Halt zusammenleben als Fremder unter Fremden“ – was Bertolt Brecht den Liebenden in seinem gleichnamigen Gedicht mit auf den Weg gibt, wird für Günther Heeg, seit 2003 Professor für Theaterwissenschaft an der Universität Leipzig, gerade in unserer heutigen Zeit, in der Menschen und Kulturen überallhin auf dem Weg sind, zum ethischen Imperativ. „Die Geste als Lebensform“, so lautete daher auch der Titel seiner Abschiedsvorlesung, die er nun am Leipziger theaterwissenschaftlichen Institut gehalten hat.
Heegs Denken zeichnet sich durch eine grundlegende Skepsis gegenüber jeder Form des „Natürlichen“ oder „Eigenen“ aus. Dass dies für ihn nicht nur ästhetisches Programm, sondern auch eine gesellschaftliche und politische Geste darstellt, daran lässt er auch in seinem jüngsten Buch „Das transkulturelle Theater“ keinen Zweifel. Gegen das Postulat einer eigenständigen deutschen Kultur bringt er darin die Brecht’sche Geste in Anschlag, deren eigentümliche Fremdheit er entgegen ihrer traditionellen Lesart als Exposition von sozialen Verhältnissen betont. Die Geste, die sich als Figur wie ein roter Faden durch sein ganzes Schaffen zieht, exponiert in erster Linie sich selbst. Darin liegen ihre immense Theatralität und...