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33 Prozent Theater
Veronica Kaup-Haslers letzter steirischer herbst
von Hermann Götz
Erschienen in: Theater der Zeit: Der Knick im Kopf – Theater und Migration (12/2017)
Im Vorfeld dieses steirischen herbsts – des insgesamt fünfzigsten – machte eine flammende Jubiläumsrede des Komponisten Georg Friedrich Haas von sich reden. Seine These: Die Geburt des Avantgardefestivals aus dem Hautgout politischer Restauration. Denn als ehemalige Nationalsozialisten in Österreich bald nach dem Weltkrieg wieder wählen durften, begann bundesweit ein Buhlen der Parteien um die „Ehemaligen“, das auch vor der Kultur nicht haltmachen wollte. Die Gründung des steirischen herbsts im Jahr 1968 war für Haas ein Versuch, der Rückkehr des Ewiggestrigen kritische Kunst entgegenzuhalten. Die „Ehemaligen“ wiederum erkannten in der Avantgarde ein Feindbild, gegen das aufzubegehren gesellschaftlich opportun erschien. Der Antagonismus zwischen zeitgenössischer Kunst und (national-)konservativem Bürgertum blieb über Jahre hin prägend, in der Öffentlichkeit wurde die Relevanz des Festivals gerne an der Reichweite seiner Skandale gemessen. Bezeichnend etwa die eng mit dem herbst verknüpfte Karriere Christoph Schlingensiefs.
Erst unter der von 2000 bis 2005 dauernden Intendanz Peter Oswalds wurden die Weichen spürbar anders gestellt: weg von der Konfrontation, hin zur Vermittlung. Im Blick hatte er dabei aber immer noch das traditionelle Kulturpublikum. Dieses und sein angestammtes Terrain, den Konzertsaal, wollte er für György Ligeti, John Cage und Olga Neuwirth gewinnen. Hier setzte der Paradigmenwechsel ein, den seine Nachfolgerin Veronica Kaup-Hasler...