Ins Bild kommen, im Bild sein
Versuch über den Auftritt in un-/bewegten Bildern
von Beate Söntgen
Erschienen in: Recherchen 115: Auftreten – Wege auf die Bühne (11/2014)
Assoziationen: Dramaturgie Wissenschaft
Der Auftritt braucht einen Rahmen, der die Szene, in die eine Figur eintritt, einfasst und abschließt. Es bedarf einer Grenze, die überschritten werden muss, um diesen Eintritt als solchen zu markieren. Der Moment des Auftritts verändert die Szene, die gefriert im Augenblick des Umschlags, den der Eintritt einer Figur bewirkt. Der Auftritt ist also, zumindest seit der Erfindung der Guckkastenbühne im 18. Jahrhundert, verbunden mit einer spezifischen Bildlichkeit, die in der Theatertheorie der Zeit unter dem Begriff des Tableaus behandelt wird.406 Die Theaterschriften weisen eine Fülle an Parallelen zwischen Bild und Bühne auf, die das Theater mit den Mitteln der Malerei reformieren sollen: seien sie von Diderot, der die Bühnenhandlung ausmalt als Folge von Tableaus, seien sie von Lessing, der mit dem Modell des fruchtbaren Moments die entscheidende Szene ebenfalls bildlich auffasst. Dieser Beitrag versucht nun umgekehrt zu beschreiben, in welcher Weise der Auftritt für Bilder verwendet und was dabei gewonnen werden kann. Denn zunächst scheint es ja wenig Sinn zu machen, eine Darstellungstechnik, die an einen bewegten Körper gebunden ist, auch auf unbewegte Bilder zu beziehen.
Aus dem Auftritt, verstanden als ein Darstellungsmodell, lassen sich drei auch für Bilder relevante Aspekte gewinnen. Zum einen lassen sich die narratologischen...