Entdeckungen und Visitenkarten. Die Überforderung des Publikums ist beim „Performing Arts Festival“ Programm
Erschienen in: Andere Räume – Die Freien Spielstätten in Berlin (04/2021)
Als das Festival noch „100° Berlin“ hieß, lautete das Prinzip so schlicht wie einleuchtend: Overkill.
Als „Vier-Tage-Marathon des freien Theaters“ (allerdings ohne performative Langstrecken mit sinnstiftender Ziellinienaussicht) verstand sich das Festival als ein zumeist gut gelauntes Happening mit schon logistisch überforderndem Parallelprogramm im HAU Hebbel am Ufer und in den Sophiensælen (ab 2014 kamen noch das Ballhaus Ost und der Theaterdiscounter dazu). In der Regel meldeten sich pro Ausgabe mindestens 150 Gruppen und Künstler:innen an, und weil der Markenkern der Veranstaltung ihre extreme Niedrigschwelligkeit war, sortierte dabei eben auch keine schützende kuratierende Hand zwischen Mindestkunstanspruch und Hobbyunternehmung. Was zu einer nicht selten reibungsreichen Gleichzeitigkeit von Newcomer-Highlights und Haarsträubendem geführt hat. Bei „100° Berlin“ konnte man sich nie sicher sein: Wartet hinter der nächsten Saaltür das Kammerorchester im Frack oder die dosenbierbedröhnte Death-Metal-Combo, die einem Schweineblut in den Schoß kippt? Das hatte zwar seinen Reiz, war aber nur bedingt repräsentativ – für die Szene wie für die Stadt.
Also stand eine Reform an. Wobei die Verwandlung der Veranstaltung in das „Performing Arts Festival“ (PAF) 2016 weder hinsichtlich des Profils noch des Programms eine Revolution von Grund auf bedeutete. Sie markierte vielmehr den Versuch einer Professionalisierung bei fortbestehender Programmfülle: Overkill minus Dilettantismus....