Nachruf
Die Anarchie der Ruhe
Der Theatermacher Rolf Dennemann war ein Vordenker der Ruhrtriennale und ein Meister des Bildertheaters
von Stefan Keim
Assoziationen: Akteure Nordrhein-Westfalen
Erschienen am 9.1.2024
Manchmal stehen sie einfach nur da. Auf Bauern- und Friedhöfen, in Schrebergärten und auf Zechengeländen. Seltsame Wesen, gerne mit Hasenohren, Frauen in roten Kleidern, Männer, die aus dem Boden zu wachsen scheinen. Man muss sie entdecken. Sie verrücken die Wahrnehmung durch ihre pure Anwesenheit, geben der Realität eine andere Ebene. Und manchmal werden sie aktiv, singen, tanzen, spielen. Rolf Dennemann hat „site specific“ inszeniert und die Industrieflächen – auch die Natur – des Ruhrgebietes erkundet, lange bevor das zum Trend wurde. Als Gérard Mortier als Gründungsintendant die Ruhrtriennale definierte, war Rolf Dennemann als enger Berater an seiner Seite. Nun ist er gestorben, 72 Jahre alt, nach langer Krankheit.
Die Arbeit scheint ihn am Leben gehalten zu haben. Zwischen den Aufenthalten im Krankenhaus – und sogar während seiner Behandlungen – schuf Dennemann mit seinem Label artscenico immer neue schrägschöne, wunderlich wunderbare Performances. Auch wenn es immer schwieriger wurde, Fördergelder zu finden. Rolf Dennemann lag oft quer zu Trends, passte sich nicht an, verfolgte in stoischer Ruhe, was ihn interessierte. Er beteiligte sich an Gremien, wusste immer genau, was lief und angesagt war. Aber das hat seine künstlerische Freiheit nicht beschädigt. Die Anarchie der Ruhe prägte ihn und viele seiner Stücke. Im...
Erschienen am 9.1.2024