Linker, rechter und liberaler Populismus. Ein Resümee
von Bernd Stegemann
Erschienen in: Das Gespenst des Populismus – Ein Essay zur politischen Dramaturgie (01/2017)
Populismus ist eine besondere Art der Anrufung, die je nach Art der politischen Ausrichtung und historischen Situation unterschiedliche Kommunikationsschemata bedient. Die gängigen Bestimmungen greifen von daher immer zu kurz. Populismus ist nicht erschöpfend dadurch zu erklären, dass er einfache Antworten auf komplexe Probleme gibt, einen Antagonismus von Volk und Eliten etabliert oder seine Führer die wahre Stimme des Volkes sein sollen. Je nachdem, welche politischen Narrative verwendet werden und in welcher historischen Phase sich der Liberalismus befindet, kann der Populismus gerade darin bestehen, die Widersprüche in den sozialen Gegensätzen durch komplizierte Erklärungen zu verschleiern, den Antagonismus von Eliten und Volk zu leugnen und die letzte Wahrheitsinstanz nicht beim Volk, sondern beim Markt zu behaupten. Der liberale Populismus stellt von daher alle gängigen Definitionen vor große Probleme. Er ist nur zu begreifen, wenn er als Herrschaftskommunikation untersucht wird, die das Volk als paradoxe Gemeinschaft von Gemeinschaftslosen anruft, um dadurch die Interessen des Kapitals und des Egoismus als naturhafte Wahrheiten zu etablieren.
Der liberale Populismus ist aus der Verkehrung des Liberalismus zum Neoliberalismus entstanden. Atomisierte Subjekte, kapitalistische Ökonomie und die postmoderne Moral, die sich in den Sprachspielen der Political Correctness ausdrückt, sind eine robuste Synthese eingegangen, so dass hinter all ihrem Sprechen...