SCORES – Insert Tanzquartier Wien
Das Studium der Katastrophe
von Marita Tatari
Erschienen in: Theater der Zeit: Mirco Kreibich: Brüchiger Zeitspieler (06/2014)
Assoziationen: Österreich Tanz
Katastrophen brechen in den Alltag ein und zerschmettern gegebene Ordnungen. Sie setzen die Menschen ihrer Endlichkeit, der Grenze ihres Vermögens über sich zu bestimmen aus und lassen dadurch in den geformten Lebensformen etwas auftreten, das der menschlichen Verfügung entgeht. Für einen Moment bricht etwas Unheimliches in die vertrauten Verhältnisse ein. Es zu zähmen, indem ihm Gründe zugeschrieben werden, versucht eine ganze Geschichte, die mit der Bibel anfängt. Dort hat dieses für die Menschen Unverfügbare einen Grund, der die Menschen übersteigt: Gott. Am anderen Ende dieser Geschichte, heute, werden Katastrophen zwar auf keine Transzendenz mehr projiziert, aber nach Gründen wird, wie in der Bibel, weiter gesucht. Katastrophen werden nun auf Menschen, ihre Handlungen, Strategien, auf ihre Politik zurückgeführt. Sowohl bei Natur-, als auch bei politischen Katastrophen werden Fehler gesucht, Verantwortungen zugewiesen, Maßnahmen ergriffen. Das Unverfügbare wird so schnell wie möglich wieder dem menschlichen Vermögen unterworfen. Das Unvorhergesehene soll schleunigst wieder ausgeschlossen und die Zukunft planbar gemacht werden.
KONFIGURIEREN
Seit kein Gott oder vorgegebenes Prinzip die Abstände regelt, denen gemäß eine Ordnung, eine Konfiguration der Menschen und Sachen, eine Welt auftritt, haben wir mit einer Konfiguration zu tun, die nicht vorgegeben sein darf – das heißt in der Kunst: unter anderem keine...