Oben auf dem Rang sitzen dann immer die schwarzen Pudel“, erklärt Stefan Neugebauer, ein schmaler Mann, den auch sein auf gediegene Weise quer gestreifter bunter Pullover nicht dick macht. Neugebauer ist seit dieser Spielzeit Intendant in Naumburg. Wir sind aber gar nicht im Theater, sondern in der Marien-Magdalenen-Kirche. Neugebauer steht so selbstverständlich in diesem Raum, als gehöre er hierher. Was, wie sich erweisen wird, kein ganz falscher Eindruck ist.
Die Kirche also hat – anders als das Theater – einen Rang, auf dem ein halbes Dutzend Pudel sitzen können. Aber nur während des „Faust“. Keine echten Pudel natürlich, sondern Stofftiere, schwer zu bekommen, weil Pudel offenbar völlig außer Mode sind. Aber Neugebauer hat sie einen nach dem anderen online bei eBay ersteigert. Ein großer kreuzförmiger Laufsteg dominiert das Kirchenschiff. Hier spielt „Faust“ unter den Augen der Stoffpudel, die den Teufelsmetamorphosen eine ironische Grundierung geben. Welch ein Übermut bei einem Ensemble, das aus nur vier Schauspielern (drei Männern und einer Frau) besteht! Und weil die einzige Schauspielerin des Ensembles, die junge Patricia Windhab, die bereits in ihrem letzten Linzer Studienjahr am Studio des Schauspiels Chemnitz auf sich aufmerksam machte, das Gretchen spielt, musste einer der Männer die Marthe übernehmen. Neugebauer findet...