Magazin
Amüsement und Skandal
Das diesjährige Augsburger Brecht-Festival unter der neuen Intendanz von Patrick Wengenroth
von Chris Weinhold
Erschienen in: Theater der Zeit: Playtime! – Der Theatermacher Herbert Fritsch (05/2017)
Unter dem Motto „Ändere die Welt, sie braucht es“ – einem Schnipsel aus der Brecht‘schen „Maßnahme“ – eröffnete der neue Intendant Patrick Wengenroth das jährlich stattfindende Brecht-Festival in Augsburg. Leicht sollte es nicht werden, blieben für Wengenroth doch aufgrund der Sanierung die Türen des Großen Hauses verschlossen. Doch mit den alten Gaswerken fand er einen Spielort, der sich mit seiner sinisteren Atmosphäre perfekt für Brechts „Die Maßnahme“ unter der Regie von Selcuk Cara eignete, eine der zwei Eigenproduktionen des Festivals. „Krise ist immer“, titelte die andere Eigenproduktion, eine von Friederike Heller inszenierte „Versuchsanordnung auf den Spuren von Bertolt Brecht und Walter Benjamin“. Das Verhältnis von Brecht und Benjamin bildete einen Schwerpunkt des Festivals. Eine Lesung der britischen Autorin Laurie Penny galt dem zweiten Schwerpunkt, dem Feminismus.
Mit dem berühmt-berüchtigten Lehrstück „Die Maßnahme“ wagte sich Selcuk Cara auf vermintes Gebiet: Brecht und Hanns Eisler, der die kühnen Kompositionen beisteuerte, verhängten kurz vor Brechts Tod ein Aufführungsverbot, das erst 1997 aufgehoben wurde. Die beiden fürchteten vereinfachende Interpretationen. Das Stück nehme, so wurde wohlwollend gedeutet, die stalinistischen Säuberungen vorweg, andere betrachteten die „Maßnahme“ geradezu als Lobeshymne auf das Opfer des Einzelnen für das große Ganze. Dialektisches Denken sollte im Für und Wider zwischen...