Übersetzen
von Kathrin Röggla
Erschienen in: Lektionen 8: Neue Dramatik (10/2025)
Es wäre so einfach zu sagen: Ich arbeite auch als Theaterautorin mit dokumentarischen Mitteln, die ich ästhetisch übersetze. Aber diese scheinbar banale Bemerkung erzeugt eher Verständnisprobleme, als etwas zu klären, sie ist sozusagen voraussetzungsreich. Es scheint nur plausibel, mit einer Fragenkaskade darauf zu antworten, in der sich natürlich auch falsche Fragen befinden können, oder solche, die sich mit der Zeit als falsch erweisen werden.
Warum überhaupt übersetzen? Über diesen Begriff ist viel geschrieben worden, er scheint mir zweckmäßig, wenn auch überstrapaziert, weil er die Transformation eines Materials, einer Situation, einer Medialität in eine andere behauptet, als ginge das so einfach. Es fängt schon damit an: Was ist das Ausgangsmedium, was das Endmedium? Befinden sie sich auf derselben Ebene? Oder entspräche das eher der Bedeutung der Übertragung? Die Übersetzungsarbeit geht jedenfalls weit über eine Dekontextualisierung oder einen sprachlichen Transfer hinaus. Sie negiert die Behauptung, dass man die Welt eins zu eins auf die Bühne übertragen kann. Sie werden sagen, das wissen wir längst, das Begehren danach aber bleibt, wie man in den letzten zwanzig Jahren Theatergeschichte sehen konnte. Denn das Theater ist nach wie vor politisch, es spricht im Namen einer Öffentlichkeit, es bezieht sich stets auf die Welt – das...