Die Handlung des „Don Karlos“, des letzten „Jugendwerks“ von Friedrich Schiller, ist so verzwickt wie in keinem „Tatort“. Der junge Prinz begehrt seine gleichaltrige Stiefmutter Elisabeth, mit der er schon verlobt war; die Prinzessin Eboli ihrerseits liebt Karlos, lockt ihn in eine Art Venusfalle; der König Philipp wiederum ist scharf auf die Eboli; der Marquis Posa, ein edler Ritter, will Karlos für den Freiheitskampf in Flandern begeistern; der finstere Herzog Alba kommt dazwischen; der König verguckt sich in den Marquis, will ihn in seine Dienste spannen, worauf dieser zum Schein eingeht; am Schluss erledigt ihn und alles andere der steinalte Großinquisitor.
Es gibt etwa ein Dutzend Möglichkeiten, den Thriller auf die Bühne zu bringen. (Das Meiste daran sind Schillers Erfindungen, auch den „Kronprinzenkonflikt“ hat es in der beschriebenen Form wohl nicht gegeben.) Man kann das ganze Konvolut an der Rampe aufsagen lassen, mit Mikrofonen oder ohne; man kann die Bühne hightechmäßig aufrüsten, um den spanischen Überwachungsstaat an die Gegenwart zu schmiegen; man kann von den circa siebentausend Versen fünftausend oder zweitausend streichen; man kann den spannenden Dialogen mit analytischem Interesse folgen und die Szenen entweder in einem historisierenden oder in einem abstrahierenden Bühnenbild spielen lassen.
Alexander Eisenach streicht in seiner...