Ende 2016 wurde das tschechische wie auch das slowakische Marionettentheater in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Und das, obwohl das tschechische Puppentheater keine ortsspezifisch einzigartige Form ist, wie sie zum Beispiel sizilianische Marionetten darstellen. Die historisch in den böhmischen Kronländern am weitesten verbreiteten Marionetten waren definitiv keine „tschechische Erfindung“. Grund für die Aufnahme war die kontinuierliche Tradition des Spielens mit Marionetten und die herausragende Stellung, die es in der tschechischen Theaterkultur (und nicht nur dort) einnimmt.
Auf den Spuren eines Phänomens
Die herumreisenden Puppenspieler am Ende des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts boten dem tschechischen Publikum als Erste und für lange Zeit auch als Einzige ein Theatererlebnis in ihrer eigenen Sprache und trugen somit markant zur Emanzipation der tschechischen Sprache in der Zeit der „nationalen Wiedergeburt“ bei. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieg die Popularität des Puppenspiels auch in den Familien, später in Vereinen und Amateurensembles, die vor allem für Kinder spielten. Aus dieser kulturellen Gemengelage erwuchs nicht nur die industrielle Produktion von Puppentheatern als Spielzeug für Familien, sondern 1912 sogar eine Spezialzeitschrift: Loutkář (Der Puppenspieler) wird – abgesehen von kurzen Unterbrechungen – bis heute publiziert. Tschechische Puppenspieler waren...