Theater der Zeit

Zuschrift

Vorhang auf!

von Susanne Ziegler

Erschienen in: Spielen, was ist – 15 Jahre Intendanz Katja Ott am Theater Erlangen (06/2024)

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Mit dem Festhalten ist es so eine Sache. Vor allem im Theater, das sich durch das gemeinsame Erleben
der Aufführung auszeichnet: Das Publikum sieht den Schauspieler*innen zu, und gemeinsam entsteht ein Abend, der entweder knisternd vor Spannung oder furchtbar langweilig sein kann. Und das manchmal sogar beim selben Stück … Theater ist daher prinzi­piell immer unverfügbar. Wir können die Magie eines Abends nicht „on demand“ abrufen, und oft fällt es schon schwer, die Gefühle und Gedanken zu einer Inszenierung nach einigen Wochen in Worte zu fassen.

Wie also überhaupt Theater dokumentieren?

Das Buch zur 15-jährigen Intendanz von Katja Ott versucht, jene Momentaufnahmen in Bildern zu zeigen, die im besten Falle Erinnerungen wachrufen: an Inszenierungen, die aufgerüttelt, berührt, Spaß gemacht, neue Welten erschlossen haben. Oder die sperrig waren und kompliziert. In den Buchbeiträgen geben die Theaterschaffenden konzeptionelle Ein­blicke hinter die Kulissen, spannen Bögen über die Spielzeiten hinweg, blicken zurück auf viel Erreichtes und unerwar­tete Herausforderungen.

Veränderung ist das Wesen der Theaterarbeit. Kaum ist eine Premiere gefeiert, beginnen bereits die Proben für die nächste Produktion, kommen neue künstlerische Teams nach Erlangen. Routinen können dabei innerhalb eines Hauses in den Abläufen entwickelt werden, entfachen aber nicht automatisch jene künstlerischen Funken, die eine Inszenierung zum Leuchten bringen. Dafür braucht man einerseits professionelles Handwerkszeug, andererseits das Gespür für Themen und die richtigen Menschen zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Katja Ott hat diese so flüchtigen Begegnungsräume immer wieder geschaffen. Mit einer sorgfältigen Ensembleauswahl, vertrauten festen Mitarbeitenden und Gästen, Regisseur*innen, Bühnenbildner*in­nen und Musiker*innen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum.

Menschen also, die sich in stets neuer Zusammen­setzung zu­sammenfanden, um Kunst zu produzieren für den ­Augenblick, um zu spielen, was ist.

Egal, ob die Intendantin dabei selbst inszenierte oder die Proben als Beobachterin verfolgte, für sie stand immer das Individuum mit all seinen Unzulänglichkeiten und Konflikten, seinem (oft auch komischen) Scheitern im Mittelpunkt. „Spielen, was ist“ meint in diesem Sinne nicht nur ihre akribische Arbeit an Texten, den Figuren, ihrem Denken und Handeln, sondern auch, deren Aktualität – sowohl in klassischen als auch zeitgenössischen Stoffen – herauszuarbeiten. Haltung zu zeigen auf der Bühne in Zeiten großer gesellschaftlicher Umbrüche. Nicht mit erhobenem Zeigefinger oder äußerem Aktionismus, sondern mit den Mitteln des Theaters.

Seit Katja Ott mit ihrem Team 2009 startete, hat sich das Theater Erlangen kontinuierlich weiterent­wickelt – finanziell, technisch, personell. Dass eines der kleinsten Theater Deutschlands renommierte Regieteams und begabte Absolvent*innen der besten Schauspielschulen verpflichten konnte, liegt nicht zuletzt an dem guten künstlerischen Ruf, der unter ihrer Leitung erarbeitet wurde. Dennoch kann „Spielen, was ist“ in diesem Zusammenhang auch verstanden werden als „Spielen, was möglich ist“: dem kreativen Annehmen eines vergleichsweise schmalen Budgets, geringer Personaldecke und ausbaufähigen Räumlichkeiten.

So liest sich die Intendanz von Katja Ott auch als eine Reise zu den Wurzeln des Theaters, dem Geschichtenerzählen. Ohne den Bühnenzauber großer Häuser, dafür mit viel Leidenschaft und Hingabe.

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Assoziationen

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