Theater in sozialen Feldern
von Joachim Wondrak und Gerd Koch
Erschienen in: Lektionen 5: Theaterpädagogik (10/2012)
Assoziationen: Wissenschaft Theaterpädagogik
Vorbemerkung
Das, was wir Gesellschaft nennen, ist gekennzeichnet durch eine gewisse Form- und Gestaltlosigkeit; „Gesellschaft“ ist amorph. Mit verschiedenen beschreibenden, begrifflichen, metaphorischen Mitteln wird versucht, das, was Gesellschaft genannt wird, näher zu bestimmen. Wir gehen etwa klassen- oder systemtheoretisch heran; wir haben Schichtenmodelle zum Verständnis entwickelt; wir machen Anleihen im Sprachfeld der Naturwissenschaften und sprechen vom gesellschaftlichen System oder Organismus; wir gehen juristisch heran und entwickeln ein Staatsrecht; wir versuchen, Gesellschaften voneinander abzugrenzen und sprechen von Nationen; wir versuchen, das Geflecht unserer Lebensbezüge auf nur einen Punkt zu bringen und stellen uns die Frage: „In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich?“1
Sicher scheint, dass es unterschiedliche Gesellungsweisen von Menschen gibt, dass der Grad der Formalisierung und Beständigkeit unterschiedlich ist, dass die Intensitäten der Teilnahme an Öffentlichkeit unterschiedlich stark ausgebildet sind, dass Inklusion und Exklusion, Teilhabe oder Nicht-Teilhabe, zu bemerken sind. Theater(arbeit) in sozialen Feldern gibt dem Abstraktum Gesellschaft ihrerseits Form.
Zum sozialen Feld
Feld ist in diesem Zusammenhang eine zuerst in der Gestaltpsychologie entwickelte Modellvorstellung zur Erklärung von psychischen und psychosomatischen Funktionsbeziehungen von Wahrnehmung, Denken und Verhalten. Kurt Lewin, der Begründender der experimentellen und feldtheoretischen Sozialpsychologie, schrieb 1939: „Ich bin der Überzeugung, daß es möglich sei, in der Soziologie und...