Protagonisten
Kahlschlag
Das Volkstheater Rostock: Wo die Böcke zu Gärtnern werden
von Gunnar Decker
Erschienen in: Theater der Zeit: Jürgen Holtz – Schauspieler und Scharfdenker (04/2015)
Assoziationen: Akteur:innen Volkstheater Rostock

Die Worte seien ihm schon wie Asche im Mund, sagt Sewan Latchinian. Das klingt nach Hugo von Hofmannsthals „Chandos“-Brief, ein Dokument extremer Hoffnungslosigkeit. Das ist nun schon ungefähr hundert Jahre her – aber in Mecklenburg-Vorpommern kreist der politisch gewollte Unsinn in Sachen Theaterreform einerseits so schnell, dass man als Chronist gar nicht mehr hinterherkommt, andererseits bleibt alles so schlecht wie immer. Nein, es wird immer schlechter. Man wird mit Zahlen beschossen, bis einem schwindlig ist, und zum Spiel gehört, dass diese Zahlen, auf deren Grundlage gestern noch schwerwiegende Beschlüsse getroffen wurden, morgen schon wieder heftig dementiert werden. Nur eines scheint dabei klar und immer klarer zu werden: Es ist eine schiefe Ebene, auf der die Theater in Mecklenburg langsam herabrutschen – ins Nichts. Ist das unaufhaltsam? Es scheint so, denn gegen Vernunft und andere gute Gründe, selbst sparsamste Haushaltsführung, erweisen sich Kultusminister Mathias Brodkorb (SPD) und Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) als taub.
Mit den betroffenen Künstlern spricht man überhaupt nicht über diese Fragen. Wo käme man da hin – fahrendem Volk ist nicht zu trauen, haltet euch die Taschen zu und holt die Wäsche von der Leine! Sogar einem derart bürgerlichen Autor wie Thomas Mann passierte es, dass er...