Es ist nicht zuletzt dieses bedrückende, existenzielle Gefühl, nicht so recht zu wissen, wozu man eigentlich lebt, was Tschechows Figuren so zeitlos macht. „Ich bin siebenundvierzig“, sagt Wanja zu Astrow, „möglich, dass ich sechzig werde, dann bleiben mir noch dreizehn Jahre. Was mache ich denn so lange?“ Auf dieses die Zeiten überdauernde Lebensgefühl der Unsicherheit und inneren Unruhe fokussiert sich Jo Fabian in „Onkel Wanja“, seiner ersten Arbeit als Schauspieldirektor am Staatstheater Cottbus, in der er eine Spielweise findet, die Spieler und Figuren konsequent zwischen die Zeiten setzt.
Bühne und Kostüme verweisen historisierend auf die Entstehungszeit von „Onkel Wanja“ um 1896. Im Zentrum über allen eine große Uhr, deren Zeiger, auf fünf nach eins verharrend, Stillstand symbolisieren. In das Anwesen mit hohen Decken, Samowar, Kamin und angrenzendem Ziegenstall kann das Publikum nur durch die Glastür zum auf der Vorbühne angedeuteten Wintergarten sowie durch kleinere Wanddurchbrüche blicken. Vogelgezwitscher löst einen elektronischen Klangteppich ab, Sonja (Lucie Thiede) ist mit wiederholtem „Kule, kule, kule“ auf der Suche nach irgendetwas, ein imaginäres Flugzeug kreuzt die Landschaft, Wanja (Axel Strothmann) und Telegin (Amadeus Gollner) bechern Wodka, und die alte Kinderfrau (Michaela Winterstein) brabbelt russisch vor sich hin. Sonja weist sie mit russischem Akzent zurecht: „Du...