Das Verhältnis von Theater und Digitalität wurde durch die Corona-Pandemie grundlegend verändert und wird seit Beginn der Pandemie im öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs immer wieder neu kartiert. Theaterraumstrukturen, die fremde Körper ohne Abstand versammeln und zueinander anordnen, begegneten im ersten Lockdown der Covid-19-Pandemie einer zwangsläufigen Digitalisierung. Eine Beschäftigung mit Theater im digitalen Raum erfordert also eine Abwendung von der theaterwissenschaftlichen Setzung der leiblichen Ko-Präsenz als Grundbedingung der Aufführung.1 Deren Spezifizität für das Theater wurde bereits in den 2000er Jahren von Christopher Balme infrage gestellt und die Corona-Krise dekonstruierte sie zur Gänze.2 Julia Glesner schlägt alternativ vor, die Medialität des Internets wie des Theaters als Transmedium zu fokussieren, das in hybrider Form verschiedene Zeichensysteme integriert; eine mediale Verfassung, die das Internet und das Theater als Rahmenmedien eint. Transmedien formen neue mediale Verflechtungen aus, aus denen spezifische Ästhetiken erwachsen. Für das Theater im Internet bedeutet das zunächst einmal eine Remediatisierung seiner kommunikativen Konventionen.3
Die digitalen Formen des pandemischen Theaters treten in den Konkurrenzkampf mit der Tiefenstruktur des Digitalen, die auf Eigenregulation der Aufmerksamkeit setzt. Das Theater wird zu einem Nebenmedium im digitalen Alltag – daraus ergibt sich die Anforderung, das Aufmerksamkeitsdispositiv der Schauenden neu zu denken.4 Die folgende...