Vor der Kulisse des Drei-Schwestern-Bergmassivs in den Liechtensteiner Alpen schaut die Berliner Schauspielerin Monika Wiedemer in den Sonnenuntergang. Kurze Zeit später steht sie mit ihrer Schwester Claudia auf der Bühne des Kulturhauses Rössle in Mauren. In der umgebauten Scheune spielt sie in Oscar Wildes „Salome“ die Königin Herodias. Streng, schroff, mit weiblichem Machtkalkül stattet die Künstlerin ihre Figur aus. Dabei spielt sie mit Wildes Sprachwitz, verfärbt ihn düster. Klassische Rollen liegen Wiedemer, die sich in tiefe Schichten ihrer Figuren gräbt. In der Produktion des Schaaner Theaters am Kirchplatz, kurz TAK, wirkt sie als Gast mit. Mit dem Stück geht die Bühne auf Tour im Fürstentum. Die Gastspiele in den Dörfern erfordern Höchstleistungen der Techniker. Die Anfahrt ist nicht weit, mit 160 Quadratkilometern Gesamtfläche ist Liechtenstein der sechstkleinste Staat der Welt.
In Schaan steht der moderne Bühnenwürfel des TAK vor der spätgotischen Kirche St. Laurentius. 300 Sitzplätze hat das Theater. Weil ab 20 Uhr die Glocken läuten, beginnen die Vorstellungen um 20.09 Uhr. Da sind die Katholiken streng. In der 6000-Einwohner-Stadt wagt der deutsche Dramaturg und Theaterwissenschaftler Thomas Spieckermann seit 2015 mit 15 Mitarbeitern den ästhetischen Aufbruch. Er holt Gastspiele des Burgtheaters Wien oder des Deutschen Theaters Berlin ebenso ans Haus...