Variationen komischen Theaters
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Während der Großen Dionysien Athens musste ein Dramatiker, zumindest bis in die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr., ein komisch-heiteres Satyrspiel zusammen mit drei Tragödien als seinen Wettbewerbsbeitrag aufführen lassen. Für Aristoteles war es selbstverständlich, dass sich die Tragödie aus einer mit Komik durchsetzten Phase des Theatermachens entwickelt hatte bzw. dass sie ursprünglich dem Satyrspiel verwandt war. Im 4. Kapitel der POETIK heißt es: „Der Umfang der aus kleinen Mythen und Spaßreden hervorgegangenen Tragödie nahm nach und nach zu. Spät erst erreichte sie ihren jetzigen Ernst und ihre Erhabenheit, als sie sich vom Satyrspiel fortentwickelt hat. […] Ursprünglich hatte man sich jenes (trochäischen) Teatrameters bedient; denn die Tragödie hatte anfänglich den Satyr- und Tanzcharakter.“279 Das Satyrspiel war sehr wahrscheinlich im frühen 5. Jahrhundert Bestandteil des Dramatiker-Wettbewerbs.280 Die Satyrn, das Gefolge des Dionysos, bildete wohl in der Regel den Chor. Hervorstechend sind ihre derbe Sinnlichkeit, Lüsternheit, Geilheit und Widersprüche ihres Verhaltens. Sie führen sich als große Helden auf, drücken sich aber, wenn es gefährlich für sie wird und lassen Odysseus wie in dem einzig vollständig erhaltenen Satyrspiel, dem KYKLOP des Euripides, allein im Kampf mit dem Riesen Polyphem. So könnte das Satyrspiel sowohl Wiedereinführung des ursprünglichen...