Bertolt Brechts Beziehung zur Sowjetunion ist von Widersprüchen geprägt. Bereits zu den Brecht-Tagen im Jahr 2000 wurde unter dem Titel „Rot = Braun“ die komplizierte Beziehung des Autors zum Stalinismus beleuchtet (Recherchen 4, Theater der Zeit). Die Brecht-Tage 2017 griffen mit „Brecht und die Sowjetunion“ das Thema wieder auf. Die dort gehaltenen Vorträge sind nun in dem von der Historikerin Annette Leo im Verbrecher Verlag erschienenen Band „,Ich bereite mich auf meinen nächsten Irrtum vor …‘. Bertolt Brecht und die Sowjetunion“ versammelt. Als Quellen werden Briefe, Stücke, Gedichte Brechts sowie seine Kaderakte herangezogen, um die Gleichzeitigkeit seiner Faszination, Überzeugung und Desillusionierung von der Räterepublik zu diskutieren.
Brechts Interesse galt neben dem politischen System auch der russischen Theateravantgarde. Ab 1923 arbeitete er mit der Schauspielerin Asja Lācis aus Sankt Petersburg zusammen und fragte sie zu Alltag und Theater in der Sowjetunion aus. Die Theaterwissenschaftlerin Sabine Zolchow verfolgt unter der Fragestellung „Inwieweit war Brechts episches Theater von Meyerhold und Eisenstein inspiriert?“ die Informationen, die Brecht von Lācis – ab 1931 auch von dem Autor Sergej Tretjakow – zugänglich waren. Tretjakow und sein Drama „Ich will ein Kind (haben)!“ stellen für viele der Beiträge ein wichtiges Verbindungsglied dar. 1937 wird Tretjakow als „japanischer...