Regina Guhl, Florian Reichert, sehen Sie, dass es eine Veränderung des Schauspielerberufes gibt, auf die man in der Ausbildung reagieren muss? Stichwortartig kann man hier die Gegensätze von Rollenspiel und Performance sowie Festanstellung und prekärer Projektexistenz nennen.
Florian Reichert: Die Frage lautet ja zunächst: Ist eine Ausbildungsstätte eine Institution, die auf etwas reagiert, das der Beruf fordert? Damit setzt man sich automatisch in ein bestimmtes Abhängigkeitsverhältnis. Außerdem tut man so, als gäbe es ein statisches Berufsbild Schauspieler, was ja definitiv nicht stimmt. Wollen wir Institutionen, die für ein tradiert bürgerliches Theater ausbilden – ein Zuliefermodell –, oder solche, die Labore sind, Labore des Nachdenkens und Experimentierens? Die Frage ist, ob man nur reagiert oder eben selbst agiert.
Regina Guhl: Ergänzend ist die Frage, wie der Transfer einer künstlerischen Persönlichkeit – nach dem Besuch einer künstlerischen Universität – in die Gesellschaft aussehen kann. Diese Frage ist unter den Bedingungen unserer Zeit nicht mehr leicht zu beantworten. Und es gibt ja viele Besonderheiten des Schauspiels. Rollenspiel versus performatives Spiel ist ein überkommener Dualismus. Das Theater war noch nie so divers wie heute, und zwar auf einem hohen Niveau. Es gibt eine gewisse Entspanntheit in der künstlerischen Praxis und auch eine Durchlässigkeit, sodass...