Theaterpädagogik in der Psychiatrie
von Norbert Knitsch
Erschienen in: Lektionen 5: Theaterpädagogik (10/2012)
Begriffsbestimmung
Theaterpädagogische Interventionen in psychiatrischen Arbeitsfeldern, z. B. der Kinder- und Jugendpsychiatrie, bewegen sich eindeutig in einem therapeutischen Milieu. Die Trennungslinie ist offensichtlich: Pädagogik, als ein erzieherisches Anliegen, transformiert sich in den therapeutischen Kontext, sobald diese Schnittstelle im „Container“ der Patientengruppe, für Patienten und Leitung gleichermaßen, therapeutisch erlebbar wird. Aus diesem Grunde sind ein angemessenes Fachwissen um Diagnostik, Befunderhebung, psychische Krankheiten, dissoziale Störungsbilder sinnvoll. Dieses Fachwissen ist (noch) kein Bestandteil einer theaterpädagogischen Ausbildung, auch nicht annähernd. Deshalb wird im Weiteren die Begrifflichkeit „Theatertherapie“ verwendet.
Ursprünge
Die Geschichte der Theaterpädagogik, stark geprägt von Stanislawski, Brecht, Boal u. a., ist für eine Theaterpädagogik an der Schnittstelle zur Therapie und darüber hinaus richtungsweisend. Das betrifft die Arbeit mit der Gruppe als Patientengruppe, stellvertretend für „Gesellschaft“ und „Individuum“ und ihre gestalterischen Kräfte in einer kommunikativen Abhängigkeit zueinander. Die Patientengruppe im Theater, als Repräsentantin einer Gesellschaft und ihrer Ausprägungen, re-inszeniert immer auch „Gesellschaft“. Dieses sich in referenzieller Weise nährende kommunikative duale System bildet auch im theatertherapeutischen Kontext eine feste Einheit.
Der Arzt Jacob Levy Moreno, Begründer des Psychodramas und begeisterter Theaterspieler, beobachtete dieses Zusammenspiel von Individuum und Gesellschaft im Spiegel des ICH, DU und WIR und entwickelte daraus seine Theorie und Praxis für ein Theater...