Wie der Liberalismus die Freiheit verkauft
von Bernd Stegemann
Erschienen in: Das Gespenst des Populismus – Ein Essay zur politischen Dramaturgie (01/2017)
Das biopolitische Regime feiert seine Erfolge beim liberalen Bürgertum insbesondere damit, dass es sich vorbildlich für alle Ausnahmen des Lebens einsetzt. Biopolitik heißt für die Gewinner der Gesellschaft: Sorge ums eigene Dasein und Freiheit in der Selbstverwirklichung, oder wie es der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg auf den Punkt gebracht hat: Schwarz-grün wäre das beste Ergebnis bei der kommenden Bundestagswahl. Die Grünen sorgen sich um Freiheit und Individualismus und die CDU um die innere Sicherheit. Aus der Perspektive des Eigentümer-Subjekts sind das die drei wesentlichen Aspekte für ein schönes Leben, das schon Thomas Mann treffend als „machtgeschützte Innerlichkeit“ beschrieben hat.
Im blinden Fleck des Selbstgenusses sind die Außenstehenden und der egoistische Begriff von Freiheit verschwunden. Die Verdrängung der Außenstehenden und die Verdrehung des Freiheitsbegriffs sind das ideologische Fundament der Biopolitik, deren Auswirkungen Johannes Simon an einem Beispiel aus den USA26mit einer überraschenden Pointe analysiert hat.
In North Carolina war vor einiger Zeit ein landesweit ausgetragener Streit über die Toilettenbenutzung von transidenten Menschen entbrannt. Hollywoodprominenz und andere Eliten zeigten sich empört, dass es hier zu Diskriminierung kommen sollte. North Carolina ist seit der gewonnenen Wahl von 2012 das Aufmarschgebiet für den reaktionärsten Flügel der Republikaner, der dort seine üblichen Schockstrategien...