Brechts Theater scheint in mancher Hinsicht konventionell geworden zu sein. Diesen Befund kann man auch in einem Land wie Japan nicht vermeiden, wo die Brecht-Rezeption eine eigene Geschichte hat und seine Stücke auch heute nicht selten aufgeführt werden. Die Dreigroschenoper oder Mutter Courage etwa werden mit aktuellen Kriegen oder mit der globalen Gesellschaft in Zusammenhang gebracht und so inszeniert; aber sie basieren auf dem Konzept eines traditionellen politischen Theaters, das mit einer klaren Botschaft an die Zuschauer appellieren will.1 Mit einer derart eindeutigen Haltung würde man heute die reale politische Situation, die oft asymmetrische, differenzierte und daher komplexe Konstellationen umfasst, eher verkennen. Stattdessen sollte man Brechts Stücke von ungewohnten Seiten her lesen und so eine andere Haltung zum sehr veränderten Gesellschaftszustand herausarbeiten, mit dem man sich auseinandersetzen muss. Dazu sollte man die mit dem Brecht-Theater so fest verbundenen Merkmale wie „episch“ oder „Parabel“ hinterfragen oder einklammern und mit der so gewonnenen Offenheit seine Stücke neu lesen.
Eine solche Lesart nennt Günther Heeg „Schattendramaturgie“. Er plädiert dafür, die offizielle Dramaturgie der späteren Stücke Brechts, die oft eindeutige Bezüge zur gesellschaftlichen Situation im Nationalsozialismus tragen, aufzubrechen, um so einen Spielraum für neue Möglichkeiten von Brechts Theater zu schaffen.2 So kann...