Bericht
Hamlet sein
Bei der peruanischen Theatergruppe La Plaza arbeiten Darsteller:innen mit Down-Syndrom
Erschienen in: Theater der Zeit: ¡Adelante! – Theater aus Iberoamerika (02/2024)
Assoziationen: Südamerika Dossier: Inklusion

„Hamlet“, eine sehr freie Shakespeare-Interpretation von Chela de Ferrari und der Gruppe La Plaza, hatte 2019 in Peru Premiere. Es ist eine Inszenierung, die vor Augen führt, mit welcher Kraft Theater die geistigen Horizonte der uns bekannten Welt verschieben und erweitern kann. Dem Theater steht ein komplexes Zeichensystem zur Verfügung, das ermöglicht, mit einer großen Palette an Zwischentönen und Schattierungen zu arbeiten, Emotionen auszulösen und Ideen zu entwickeln, um unsere Vorstellung von Wirklichkeit zu bereichern. De Ferrari beherrscht dieses System meisterhaft und setzt es mit außergewöhnlicher Sensibilität und handwerklichem Können ein, um die Vorurteile gegenüber Menschen mit Down-Syndrom zu untersuchen und die Diskriminierung bestimmter sozialer Gruppen durch die Historie hindurch zu hinterfragen.
In der Theatergeschichte gab es immer wieder bemerkenswerte Momente, die den Blick auf die Unterschiede zwischen Menschen lenkten und erlaubten, den Schmerz und die Ungerechtigkeit bestimmter Situationen und Zustände zu erkennen. In seinem Buch „Mit der Seele hören: Die Geschichte der Taubheit“ (1989) beschreibt Harlan Lane, wie der Abt Charles-Michel de l’Epée (ein Pionier auf dem Gebiet der Bildung für Gehörlose und der Anerkennung ihrer kognitiven Fähigkeiten) bereits Ende des 18. Jahrhunderts das Theater als Medium nutzte, um die Intelligenz dieser sozialen Gruppe zu demonstrieren, die bis dahin...