Magazin
Eine Reise nach Würfeln gewinnt
Hörspielpreis der Kriegsblinden 2023 für „Entgrenzgänger II“ von Robert Schoen
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Theater in Slowenien – Karin Beier: Antike als große Geste (10/2023)
Reiseziele nach dem Zufallsprinzip auswürfeln und sich dann gegen alle Widerstände auf das Abenteuer einlassen, das hat Robert Schoen jetzt schon zum zweiten Mal riskiert. 2020 begab er sich in der Rundfunkgroteske „Entgrenzgänger“ nach Woronesch, nun fiel der Würfelentscheid auf das russische Tscherkessk im Nordkaukasus. Die russische Invasion in der Ukraine hatte aber bereits begonnen, Reisewege wurden kompliziert und unsicher. Schoen findet eine Möglichkeit über das armenische Jerewan und macht sich mit dem Aufnahmegerät auf den Weg. Zuhause in Berlin erkundigt er sich noch bei seiner Reiseversicherung über Details im Todesfall. Auf so etwas ist die natürlich nicht eingestellt. Die Reise nach Tscherkessk ist dann vor allem eine von erstaunlichen Begegnungen mit Menschen in ihren verschiedenen Sprachen und Alltagskulturen, ihrer Musik und manchmal auch ihrem besonderen Witz. Das Hörstück, in dem Robert Schoen selbst spricht und erläutert, ist eine kunstvolle Montage aus Elementen des Reisefeatures, der Dokumentation des eigenen Selbsterfahrungs-Experiments, mit viel Musik und Poesie sowie einer hohen Sensibilität für die Menschen, denen er in diesem Teil Südrusslands begegnet. Auf der Heimreise über Wien entdeckt er dort in einem Antiquariat ein Buch über Abziehbilder. „Abziehbilder gilt es im Hörspiel zu vermeiden“, resümiert Schoen.
Für „Entgrenzgänger II – Tscherkesskij Magasin“ (...